Quer durch Hawaii by Ferdinand Emmerich

Quer durch Hawaii by Ferdinand Emmerich

Autor:Ferdinand Emmerich [Emmerich, Ferdinand]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Travel
Herausgeber: MOST Publishing


Sechstes Kapitel.

Der neue Tag öffnete uns einen Blick in neue Schönheiten, von unserer hohen Warte aus, genossen wir eine weite Übersicht über das Meer und die ferne Nordspitze der Insel Hawaii, wie kleine dunkle Käfer erschienen die zahlreichen Fischerboote. Ein großes Vollschiff, auf die Bucht von Hilo zusteuernd, glich täuschend einem mit geblähten Flügeln dahinschwebenden Schwane. Unmittelbar zu unseren Füßen aber tat sich ein Labyrinth von Felsen auf, welches von den gewaltigen Urkräften der Erde so willkürlich durcheinandergeschüttelt ist, daß man jetzt noch deutlich die kilometerweit voneinanderstehenden Bruchstellen unterscheidet, in die sie einstmals eingefügt waren. Hohe Nadeln, Kegel, spitze Zacken wechseln ab mit wallartigen Mauern. Diese von grünender Vegetation überwuchert, jene starr, trotzig und abwehrend.

»Wir befinden uns im Jaotale,« sagte Johe. »Hinter jener Wand gelangen wir an eine Stelle, an der wir wie durch einen Bogen das Meer sehen. Dort werden wir absteigen. In Nahiku finden wir gute Freunde.«

»Wo ist nun aber der Puukahaka, jener Berg, an den sich das Jaotal anschließt?« fragte ich.

»Mit dem Namen bezeichnen wir den ganzen Raum von Kipahulu bis zum Nahikuabhang. Im Puukahaka liegt das Jao,« erwiderte Bruder Andreas, indem er mir eine Beschreibung seiner Missionsstationen reichte.

Der Aufstieg auf die von Johe angedeutete Wand gestaltete sich nach Überwindung des Flusses zu einem angenehmen Spaziergange durch eine liebliche wiesenartige Mulde auf den moosbehangenen Rücken.

Dort oben sah es allerdings weniger farbenfroh aus. Man erkannte auf den ersten Blick, daß das vor uns liegende Tal ein erloschener Vulkan war. Allem Anscheine nach eine Caldera, wie alle die Vulkane auf der Hawaiigruppe. Dieser hatte jedoch einen Abfluß ins Meer gefunden, in derselben Zeit, als in seinem Innern durch eines jener unergründlichen Geheimnisse die Feuerwelle nach einer andern Seite abgezogen sein mußte.

Jetzt starrte uns das ungeheuere Becken entgegen, aus dessen Boden die geschilderten Steingebilde in bunter Unregelmäßigkeit durcheinanderwuchsen. Unserm Stande zunächst, in einigen hundert Metern Entfernung, hob sich ein grauschwarzer, mit Sand überstreuter Kegel in die Luft – die Kanaken nennen ihn die Nadel –, der auf zwei Seiten fest auf dem Kratergrunde aufsaß, dann aber nach einem finster gähnenden Abgrunde zu jäh abfiel.

»Dort hinunter liegt unser Weg,« sagte Johe, auf den grausigen Schlund deutend. »Ich werde vorausgehen ...«

»Halt, Freund!« rief ich, auf meine inzwischen zerrissenen Schuhe deutend, »mit dieser Fußbekleidung lasse ich mich auf keine alpinistischen Klettereien ein. An den Wänden kann ja kaum eine Katze hinunterlaufen, viel weniger ein Mensch.«

Der Kanake lachte.

»Folgen sie mir nur, Herr. Sie werden die Schuhe nicht einmal brauchen, so sanft ist der Weg, den ich wähle.«

Er bog einige myrtenartige Gesträuche zur Seite und sprang hinter diesen in eine Mulde. Dann reichte er mir die Hand und hieß mich ihm folgen. Ein weicher Moosteppich nahm mich auf. von hier aus zogen sich derartige, teils mit Moos, teils mit feinem weichem Sande (letztere nur auf der Westseite) gefüllte Vertiefungen spiralförmig um einen Berg, so daß wir nach und nach einen genußreichen Blick über alle vier Himmelsrichtungen hatten. Je tiefer wir hinabstiegen, desto rauher wurde aber der Berg. Dort, wo Moos uns weichen Boden verheißen hatte, erschienen jetzt grobe Sandmassen, spitze Lavastücke.



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