Phantastische Erzählungen by Jack London

Phantastische Erzählungen by Jack London

Autor:Jack London [London, Jack]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: _UNTAGGED, language_german
ISBN: 9783518381755
Goodreads: 6268330
Herausgeber: Buchclub
veröffentlicht: 1988-01-02T00:00:00+00:00


Als die Welt jung war

Sehr ruhig und gefaßt, wie es seinem Wesen entsprach, saß er einen Augenblick lang auf der Mauer, um die feuchte Dunkelheit nach verborgenen Warnzeichen zu durchforschen. Doch sein Gehör sondierte nichts weiter als das Klagen des Windes in unsichtbaren Bäumen und das Rascheln der Blätter in sich wiegenden Zweigen. Der Wind trieb einen dichten Nebel vor sich her, und obwohl er den Nebel nicht sehen konnte, blies dieser ihm die Feuchtigkeit ins Gesicht, und die Mauer, auf der er saß, war naß.

Geräuschlos war er von außen auf die Mauer geklettert, und ohne einen Laut ließ er sich auf der anderen Seite zur Erde fallen. Er zog eine Taschenlampe aus der Tasche, machte sie aber nicht an. Es war zwar dunkel auf dem Weg, doch er wollte kein Licht. Die Taschenlampe in der Hand und den Finger am Schaltknopf, schritt er vorwärts durch die Dunkelheit. Der Boden unter seinen Füßen war weich und federnd, bedeckt mit abgestorbenen Tannennadeln, Blättern und einer lockeren Humusschicht, über die offensichtlich seit Jahren niemand gegangen war. Blätter und Zweige schlugen ihm entgegen, aber es war so finster, daß er ihnen nicht ausweichen konnte. Bald darauf lief er mit ausgestreckter Hand tastend vorwärts. Und mehr als einmal stieß er mit der Hand an feste, dicke Baumstämme. Das einzige, was er um sich herum ausmachen konnte, waren diese Bäume. Überall spürte er sie vor sich auftauchen, und er lernte das seltsame Gefühl mikroskopischer Kleinheit kennen inmitten gewaltiger Massen, die sich ihm entgegenstellten, um ihn zu erdrücken. Er wußte, dahinter stand das Haus, und er hoffte, auf einen Trampelpfad oder einen schmalen Weg zu stoßen, der ihn mühelos dorthin führen würde.

Einmal hatte er das Gefühl, in eine Falle geraten zu sein. Auf allen Seiten stieß er gegen Bäume und Zweige oder stolperte in das Dickicht des Unterholzes, und es schien keinen Ausweg zu geben. Da erst machte er seine Lampe an, und vorsichtig richtete er den Strahl auf den Boden zu seinen Füßen. Langsam und umsichtig ließ er ihn um sich herumwandern, und jedes Hindernis auf dem Weg zeichnete sich scharf und deutlich in der weißen Helligkeit ab. Zwischen zwei riesigen Baumstämmen sah er eine Öffnung, glitt hindurch, machte das Licht aus und betrat trockenen Boden, der vor der Nebelfeuchtigkeit durch ein dichtes Laubdach abgeschirmt war. Sein Orientierungssinn war gut, und er wußte, daß er sich auf dem Weg zum Haus befand.

Und dann geschah es – das Unvorstellbare und Unerwartete. Sein Fuß trat auf etwas Weiches und Lebendiges, das sich unter dem Gewicht seines Körpers mit einem Knurren erhob. Er sprang zur Seite, duckte sich sprungbereit und lauschte angespannt und erwartungsvoll auf den Angriff des Unbekannten. Er wartete eine Weile und hätte gern gewußt, was für ein Tier er aufgestört hatte, das jetzt weder einen Laut von sich gab noch eine Bewegung machte und angespannt und erwartungsvoll wie er sprungbereit lauern mußte. Die Spannung wurde unerträglich. Als er die Taschenlampe nach vorn richtete, den Knopf drückte, sah er es. Und vor Entsetzen schrie er laut auf.



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