OVERKILL - ASYLUM: Roman (German Edition) by Sönke Hansen

OVERKILL - ASYLUM: Roman (German Edition) by Sönke Hansen

Autor:Sönke Hansen [Hansen, Sönke]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-07T05:00:00+00:00


Kapitel 18

In Max‘ Eingeweiden rumorte es. Hinter seinem Auge schwoll das Stechen Herzschlag für Herzschlag zu einem Schmerz an, der sich anfühlte, als hätte er Nadeln im Kopf.

Er lehnte die Stirn gegen die kühle Glasscheibe. Draußen, auf dem Hof vor der Station, lungerten die Hunde.

Ein paar erweckten den Anschein, als würden sie schlafen. Doch ihre rot geäderten Augen beobachteten die Umgebung genau.

Ein Rudel Schäferhunde mit blutverkrustetem Fell leckte an Blutlachen, die auf dem Beton in der untergehenden Sonne vertrockneten. Ein Pitbull schritt vor dem Haupteingang auf und ab wie eine Wache. Er hechelte, roter Speichel mit kleinen Bläschen tropfte aus dem Maul.

Sie kamen nicht in das Foyer. Als wüssten sie, dass sie nur lange genug warten mussten, bis ihre Beute zu ihnen heraus kam. Max bekam eine Gänsehaut. Als besäßen sie eine gemeinsame Intelligenz. Oder als würden sie Befehle erhalten. Irgendwo her.

Bei den Parkplätzen wankte eine menschliche Gestalt zwischen den Autos umher. Ihre Bewegungen waren ungelenk wie die eines Kindes, das gerade erst laufen gelernt hat. Außerdem sah es aus, als sei der Mann in den Gelenken versteift. Sein rechter Unterarm fehlte, aus dem Stumpf suppte dickflüssiges Blut. Ein Bernhardiner trabte hinter ihm her, um die Schlieren vom Boden aufzulecken.

Ab und zu kam ein weiterer Mann ins Blickfeld geschlurft. Er hielt den Kopf schief wie ein Hund, der einem Geräusch in der Ferne lauschte. Seine Augen rollten in den Höhlen umher, sein Mund, aus dem Schaum tropfte, stand offen. Max erkannte in der schaurigen Gestalt Herr Rummert wieder, einen der Patienten, die sie vor die Tür gesetzt hatten.

Sein Hemd hing in Fetzen an ihm herab, mehrere Bisswunden klafften in Armen, Körper und Hals. Aus einem Spalt, der sich wie ein Lächeln um seinen Bauch zog, hing ein Stück Darm in einer Schlaufe heraus. Das Organ war an mehreren Stellen zerrupft, braune Flüssigkeit blubberte aus den Löchern und besudelte seine Hose.

Max spürte, wie Magensäure seine Speiseröhre hinauf stieg. Das Brennen kündigte einen neuen Brechanfall an, doch er schaffte es, ihn herunter zu schlucken. Seine Hände zitterten, sein Herz raste. Aus seinen Augen quollen Tränen hervor, ohne dass er weinte.

Den Einzigen, den die Hunde komplett zerfetzt hatten, war Herr Ohlm gewesen. Sie hatten sich um sein Fleisch gestritten und seinen Körper entzwei gerissen.

Der größte Köter, den Max je gesehen hatte – wenn er sich nicht täuschte, war es ein irischer Wolfshund – besaß anscheinend besondere Privilegien. Unbehelligt und in aller Ruhe hatte er seine Schnauze in Ohms Bauchraum vergraben und die Inneren wie aus einem Hundenapf gefressen. Jetzt lag das Monstrum wie ein Löwe mitten auf dem Platz, umgeben von seinem Volk, den tollwütigen Hunden.

Max lief es eiskalt den Rücken herunter, als Rummert ein weiteres Mal an der Tür vorbei wankte. Er erinnerte ihn an einen Zombie.

Dieser Gedanke nahm ein tonnenschweres Gewicht von Max‘ Herzen. Er atmete auf.

Ihre Seele wohnte nicht mehr in den Körpern, eigentlich waren sie schon lange tot. Nicht die Tollwut hatte ihren Geist umnebelt – der Geist selbst war weg. Der Körper wurde von dem Virus gesteuert, darauf gedrillt, sich rasend schnell zu verbreiten.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.