Off the Record. Unsere Worte sind unsere Macht by Camryn Garrett

Off the Record. Unsere Worte sind unsere Macht by Camryn Garrett

Autor:Camryn Garrett
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Arena Verlag
veröffentlicht: 2021-05-15T00:00:00+00:00


@JosieTheJournalist: Am liebsten würde ich mich jetzt ins Bett verkriechen

Für die gesamte Besetzung steht heute eine Cocktail-Party in diesem Nobelhotel auf dem Programm, aber ich hab mir schon den gesamten Vormittag den Kopf darüber zerbrochen, wie ich aus der Nummer rauskomme. Ich könnte behaupten, ich hätte mir die Grippe eingefangen. Oder ich wolle die Nähe von Alkohol meiden, weil ich unter 21 bin – auch wenn ich sicher bin, dass mir dort sowieso niemand welchen anbieten würde. Oder ich könnte mich einfach im Hotel verstecken und hoffen, dass Penny mein Fehlen nicht bemerkt. Weil Penny die Einzige wäre, die es bemerken würde.

Penny und vielleicht Marius.

Vielleicht ist es unfair, dass ich ihm gerade jetzt aus dem Weg gehe, aber mir ist nicht nach Fairness zumute. Ich bin wütend.

Selbst wenn Lennox seine Angestellten mit dieser Verschwiegenheitsklausel mundtot macht, bin ich sicher, dass da Geschichten in der Luft schwirren. Anders kann es gar nicht sein. Penny und Julia kennen andere Frauen, die Lennox verletzt hat. Also muss Marius zumindest irgendwas davon mitbekommen haben.

Ich möchte wissen, warum er vor diesem Hintergrund überhaupt in Erwägung gezogen hat, mit Lennox zu arbeiten. Bekäme ich ein Angebot von Lennox – was natürlich komplett illusorisch ist, aber trotzdem –, ich würde Nein sagen. Selbst wenn ich dann eben nicht berühmt werden würde.

»Das ist kein fairer Vergleich«, sagt Alice, nachdem ich ihr all das auseinandergesetzt habe. »Du bist keine Schauspielerin. Für dich ist die Schauspielerei nicht das große Ding, für ihn schon. Dir ist es nicht so wichtig.«

»Es ist mir wichtig!«

»Ich meine«, sagt Alice, »es ist dir nicht so wichtig, wie es dir als echte Schauspielerin wäre.«

Sie ist bereits fertig angezogen. Sie trägt dieses schicke schwarze Kleid, das so tief ausgeschnitten ist, dass man den fehlenden BH erkennt. Manchmal fällt es mir echt schwer, nicht neidisch auf ihren Körper zu sein. Sie hat Kurven, aber die sitzen alle an den richtigen Stellen – ihre Hüften und ihr Hintern und ihre Brüste sehen aus, wie sie aussehen sollten. Oder zumindest so, wie sie bei den Mädels im Fernsehen oder in den Modemagazinen aussehen.

Ich dagegen bin noch halb nackt, was bedeutet, dass ich in Unterwäsche auf meinem Bett sitze und noch nicht mal richtige Klamotten anhabe – mein Bauch und meine Brüste und meine Oberschenkel sind zu dick, um sich auch nur im Entferntesten mit Alice zu messen. Es sei denn, ich krame die Spanx aus meinem Koffer. Ich schmolle.

»Kann schon sein«, gebe ich zurück. »Aber es ist…als würde mir eine gigantische Zeitschrift die Chance bieten, die Coverstory über Ava DuVernay oder so jemanden zu schreiben, und ich wüsste, dass der Herausgeber dieser Zeitschrift anderen Frauen grauenhafte Dinge angetan hätte. Dann wäre ich nicht dazu bereit, das Angebot anzunehmen. Ich würde mich zu mies damit fühlen.«

»Aber das ist rein hypothetisch.« Alice lehnt sich näher an den Spiegel, um sich einen Ohrring ins Ohr zu stecken. »Das sagst du jetzt, aber wenn du tatsächlich damit konfrontiert wärst, würdest du wahrscheinlich anders reagieren.«

»Zu entscheiden, dass du nicht mit schlechten Menschen zusammenarbeiten willst, ist aus meiner Sicht keine große Schwierigkeit.



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