Ochsenblut by Harald Hillebrand

Ochsenblut by Harald Hillebrand

Autor:Harald Hillebrand
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand
veröffentlicht: 2013-01-22T05:00:00+00:00


Kapitel 21

Donnerstag, 6. September 2012

Es war erst kurz nach sieben, als Hagen auf den Hof des Reviers fuhr. Er hatte sich beeilt, um mit dem Alten sprechen zu können, bevor die anderen kamen.

Er öffnete die Tür zu Annes Büro und sah, dass er sich nicht getäuscht hatte. Der Alte saß im Sessel, als hätte er sich seit gestern nicht wegbewegt. Aber auch Anne saß bereits an ihrem Schreibtisch. Hagen ging zuerst zu ihr. Annes Blick war zurückhaltend.

„Guten Morgen“, sagte er leise und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Gut geschlafen?“

Sie schüttelte nur den Kopf, sagte aber nichts.

„Moin, Chef“, sagte er dann und setzte sich zu ihm.

„Guten Morgen, mein Lieber. Schön, dass du so früh hier bist.“

Er reichte ihm einen Zettel. „Hier, das muss sein. Kannst du gleich bei Jörg abholen.“

Hagen las und schaute den Alten verwirrt an. „Waffenempfangskarte? Was soll ich damit?“

„Zu deiner Sicherheit. Wir suchen einen Mörder und ich fühle mich wohler, wenn du dich im Notfall verteidigen kannst.“

Zögernd steckte Hagen den Zettel ein.

„Ich wollte mit Ihnen über Steinert reden. Wir müssen ihn im Auge behalten.“

Der Alte runzelte die Stirn. „Irgendwas Neues?“

„Steinert sucht Elke Frisch, Birgits Schwester. So kommt eins zum anderen und an diese Art Zufall glaube ich nicht. Wir müssen wissen, was Steinert treibt, mit wem er verkehrt und so weiter. Kurz, wir brauchen eine Überwachung.“

Nachdenkliches Nicken war zunächst alles. Dann fragte der Alte: „Gibt es eine greifbare Gefährdung für Elke Frisch?“

„Kann ich nicht sagen. Wir wissen einfach zu wenig. Sowohl über Steinert oder ein eventuelles Motiv, als auch über den Tathergang.“

Anne gesellte sich zu ihnen. „Vielleicht kann ich eine Kleinigkeit beitragen: Die Teilabdrücke am Pfosten des Messingbetts stammen wahrscheinlich von Steinert.“

„Was sagst du da? Steinert war also wirklich am Tatort?“

„Wahrscheinlich. Für eine eindeutige Identifizierung reicht es nicht. Wir müssen auf die Haaranalyse warten.“

„Dann warten wir auf die Haare“, entschied der Alte. „Für eine offizielle Überwachung ist die Beweislage zu dünn.“

„Trotzdem wäre es gut zu wissen, wo er sich aufhält und was er treibt“, erklärte Hagen. „Chef, können Sie herausfinden, was bei Steinert heute dienstlich anliegt?“

„Das ist kein Problem.“

„Dann nutze ich jetzt die Zeit und fahre zur Zeitung. Wir brauchen Birgit Freiers Laptop. Ich beeile mich.“

„Hole dir deine Pistole ab!“, rief der Alte ihm hinterher.

Hagen sprang ins Auto. Unterwegs bemerkte er, wie seine Hände zitterten. Es war wieder so weit. Er hetzte nur noch von einer Spur zur nächsten. Und jetzt trug er auch noch die schwere Pistole unter den Achseln, die ungewohnt drückte und ihn ständig daran erinnerte, dass er auf der Jagd war. Dabei sollte er das Auto einfach stehen lassen und den kurzen Weg laufen.

War er auf der Jagd? „Wir werden ja sehen“, schrie er und schlug mit dem Handballen aufs Lenkrad. Erschrocken drehte sich ein Fußgänger um, als die Hupe ansprang.

Hinter der Fußgängerampel sah er auf der linken Straßenseite eine Lücke zwischen den parkenden Autos und zog rüber.

Als Hagen den Motor ausgeschaltet hatte, sank er mit dem Kopf nach vorn. Das Lenkrad fühlte sich kühl auf seiner Stirn an. War er jetzt dabei, vollkommen durchzudrehen? Er hob den Kopf und sah auf seine Hände.



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