Nur Engel fliegen hoeher by Wim Westfield

Nur Engel fliegen hoeher by Wim Westfield

Autor:Wim Westfield [Westfield, Wim]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Tags: Roman
ISBN: 3861246163
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2010-05-13T22:00:00+00:00


Kapitel 15

Ellen Maler hat ihre Tochter Maria am Nachmittag zu einer Schulfreundin, der Tochter des Pfarrers, gefahren. Die beiden Mädchen wollen zusammen Flöte spielen und dann im Pfarrhaus übernachten. Als sich Ellen im Hausflur ihre Jacke wieder anzieht, fragt der Pfarrer: »Willst du heute Abend hierbleiben? Auf eine Flasche Rotwein?«

»Danke, ich möchte lieber nach Hause. Heute bin ich allein, habe Ruhe und will eine Eingabe schreiben.«

»Schon wieder Ärger mit der Schule?«

»Der Direktor hat akzeptieren müssen, dass Maria als einzige Schülerin nicht zu den Jung-Pionieren geht.«

»Glaubst du, dass es damit ausgestanden ist?«

»Sie werden es nicht mehr wagen, öffentlich Druck auf Maria auszuüben oder sie zu benachteiligen. Aber ich traue denen nicht. Möglicherweise kommen jetzt die subtileren Methoden. Der Sumpf aus Partei, Stasi und menschlicher Niedertracht versucht jeden nach unten zu ziehen, der sich geraden Hauptes erhebt.«

»Es muss in jeder Gesellschaft Menschen geben, die den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen.«

»Ich will mich beschweren, weil ich als eingeladene Künstlerin nicht zu einer Ausstellungseröffnung nach West-Berlin durfte.«

»Schreib deine Eingabe, wenn es dir hilft, den inneren Druck loszuwerden.«

»Den habe ich schon abgelassen, als man mir auf der VP-Mel-destelle sagte, dass mein Reiseantrag abgelehnt wurde. Ich habe

geheult und die Polizistin laut angeschrien. Ich dachte erst, die verhaftet mich. Aber sie war nett und sagte, ich solle eine Eingabe schreiben. Das mache ich heute.«

Am späten Nachmittag stellt Ellen ihren Trabi-Kombi in ihrer Grundstückseinfahrt ab und geht ins Haus. Im Wohnzimmer gießt sie sich ein Glas Rotwein ein und stellt Jonas' Reiseschreibmaschine auf den Tisch. In diesem Moment hält ein Mazda mit Ost-Berliner Kennzeichen vor ihrer Toreinfahrt. Ein gut aussehender Mann um die vierzig steigt aus, nimmt seine Aktentasche und sieht sich um. Er ist groß, schlank, hat ein gebräuntes Gesicht und trägt einen gut sitzenden dunkelblauen Anzug, darunter ein hellblaues Hemd. Anstelle einer Krawatte sind die oberen zwei Knöpfe geöffnet, wo ein strahlend weißes T-Shirt leuchtet. Er zieht das Jackett aus, hängt es sich lässig über die Schulter und fährt sich mit seiner Rechten durch das kurze Haar und klingelt.

»Entschuldigen Sie, Sie sind Ellen Maler?«

»Wer sind Sie?«

»Rainer Kesselring vom Verband Bildender Künstler.«

»Ich kenne Sie nicht.«

»Können Sie auch noch nicht, ich komme aus Berlin. Werde aber künftig die Künstler an der Küste betreuen.«

»Um diese Zeit? Können Sie sich nicht anmelden?«

»Sie haben doch kein Telefon.«

»Wenn Sie mir nach acht Jahren Wartezeit heute ein Telefon anschließen wollen, dann bitte - einen Apparat in der Werkstatt und einen im Wohnzimmer.« Ellen zeigt auf die offene Tür.

»Und mehr Wünsche haben Sie nicht?«

Beide lachen.

Es fängt an zu regnen. Ellen bittet den Gast in das Wohnzimmer, räumt Bücherstapel, das Weinglas und die Schreibmaschine beiseite und bittet ihn, Platz zu nehmen.

»Also, ich heiße Rainer«, sagt der Mann und reicht ihr seine Visitenkarte.

»Und ich bin Ellen.« Sie sieht sich die Visitenkarte genau an. Darauf steht: Rainer Kesselring, Verband Bildender Künstler der DDR, darunter die Adresse des VBK in Berlin. Ellen steckt die Visitenkarte in den Briefständer auf ihrem Gründerzeitsekretär.

»Entschuldige, aber ich bin neu im Verbandssekretariat und zuständig für die drei Nordbezirke, sozusagen als Verstärkung der hiesigen Kollegen, zu denen du ja einen guten Kontakt pflegst.



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