Nordseenebel by Unknown

Nordseenebel by Unknown

Autor:Unknown
Die sprache: eng
Format: epub
ISBN: 0000000000000
veröffentlicht: 2021-10-11T15:18:46+00:00


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Am Mittwoch lag Raphael am FKK-Strand erneut auf der Lauer – versteckt auf der Düne, wo er bereits eine Woche zuvor mit Ava auf der Decke Position bezogen hatte, um Martin und Nath Gorden zu beobachten. Das Picknick der beiden lief diesmal ähnlich ab, mit dem Unterschied, dass es nicht so lange dauerte, woran das Wetter wahrscheinlich seinen Anteil hatte. Es war längst nicht so warm. Martin und Nath hatten sich diesmal auch nicht entkleidet. In Shorts und T-Shirt hatten sie sich mit der Decke hinter den wenigen Strandkörben platziert.

Raphael war froh, dass er seinen Beobachtungsposten früher verlassen konnte. Mit dem Fernglas hatte er den Rosenstrauß im Korb schon ausgemacht. Als die Gordens – nach einem Gebet – den Strand verlassen hatten, stieg Raphael die Düne hinab und ging zu der Stelle, wo die Blumen im Sand steckten. Es war dieselbe Stelle wie in der Vorwoche.

Er ging davor in die Knie und strich nachdenklich mit den Fingern über die Blütenblätter. Das satte Rot – wofür stand es? Für die Liebe, die Martin Gorden für Dalika empfunden hatte? Das jedenfalls vermuteten alle, mit denen er darüber gesprochen hatte. Ein absolut nachvollziehbarer Gedanke, und doch gab es für das tiefe Rot durchaus noch eine weitere Beschreibung.

Blutrot.

War Blut geflossen? War das tiefe Rot vielleicht für Martin Gorden – möglicherweise sogar unbewusst – nicht nur Zeichen der Liebe und der Sehnsucht nach seiner Frau, sondern auch eine Geißelung?

War Gorden selbst für das Verschwinden seiner Frau verantwortlich?

Gedankenverloren ließ Raphael den feinen Strandsand durch seine Finger gleiten. Er verteilte die winzigen Körner auf seiner Hand. Quarzkörnchen, mehr als eine Million Jahre alt, hatte Onkel Schorsch ihnen als Kindern erzählt. Und dann hatte der Onkel von Erosions- und Sedimentationszyklen berichtet, und Raphael spürte heute noch die Langeweile, die er bei den ehrfürchtigen Ausführungen des Onkels verspürt hatte.

Er nahm ein Körnchen zwischen Daumen und Zeigefinger und rieb es. Winziges totes Gestein. Was war daran schon interessant? Eine Million Jahre lang zu existieren, wenn man nichts spürte … Dann doch lieber nur achtzig Jahre oder fünfzig oder auch nur zweiunddreißig, gefüllt mit Leben und Lachen, der zarten Haut einer Frauenbrust, einem auf der Zunge zergehendem Steak oder einem Single Malt, der das schottische Hochmoor in den Gaumen zauberte.

Und dann überfiel Raphael ein ungeheuerlicher Gedanke. War dies vielleicht gar keine Gedenkstätte für Dalika? War es vielleicht ihr Grab? Er grub seine Hand in den Sand. Bedeckten die uralten Quarzkristalle ihre Leiche?

Raphael sah sich um. Seine Phantasie ging mal wieder mit ihm durch. Es wäre für Gorden viel zu auffällig gewesen, hier zu buddeln. Andererseits … mitten in der Nacht war es vielleicht möglich. Das einzige Haus in der Nähe lag weit genug entfernt. Und wer ging schon um drei Uhr nachts hier spazieren? Niemand.

Wäre es nicht sogar ein perfektes Versteck für eine Leiche? Der Sand ließ sich leicht wegschaufeln. Die obere Schicht hätte Gorden mit einem Eimer abtragen können, um dann mit einer Schaufel weiterzuarbeiten. Sicherlich kein leichtes Unterfangen, denn der Vorteil der Flüchtigkeit des Sands war ebenso sein Nachteil. Er rutschte nach.



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