Nestor Burma in der Klemme by Malet Léo

Autor:Malet, Léo [Malet, Léo]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

* * *

Gegen Mittag ging ich in die Agentur. Mit seiner linken Hand — den rechten Arm hatte er im Krieg gelassen — tippte Reboul seinen Bericht in die Maschine. Er war nicht grade eine begnadete Tippse!

„Ist die Anzeige erschienen?“ fragte ich nach dem Austausch der üblichen Höflichkeitsfloskeln.

Er wies mit dem Kinn auf drei gefaltete Zeitungen und lachte.

„Im Journal de Paris steht sie gleich zweimal“, sagte er. „Unter den anderen Kleinanzeigen... und auf der Titelseite! Mitten in dem Artikel über den Goldraub von 38. Übrigens etwas unverständlich durch einen Druckfehler. Jedenfalls haben Sie von der technischen Panne profitiert. Ich hoffe nur, daß die nicht zwei Rechnungen schicken.“

„Und Hélène?“

„Noch nicht gesehen.“

Mein Mitarbeiter fuhr fort, auf der Schreibmaschine herumzuhacken. Ich schnappte mir das Telefonbuch und sah nach, ob die Nr. 13 in der Rue Stinville einen Anschluß hatte. Sie hatte. Ich wählte die Nummer und störte den Concierge beim Essen. „Hallo“, meldete er sich mit vollem Mund.

„Ich hätte gerne ein paar Auskünfte über einen ehemaligen Mieter von Ihnen, einen gewissen Barton.“

„Gehn Sie mir bloß nicht schon wieder mit dem Kerl auf den Wecker“, knurrte der Mann. Hörte sich an, als käme er aus der Auvergne.

„Seien Sie gefälligst etwas höflicher“, donnerte ich ihn an. „Sie reden mit der Polizei! Sagen Sie mir alles, was Sie über Monsieur Barton wissen.“

Dem Concierge fiel das Essen aus dem Mund. Seine Zunge war weniger flink.

„Also... äh... Viel weiß ich nicht... Wir hatten gar keine Zeit, ihn richtig kennenzulernen... wohnen ja erst seit 40 hier...“

„Und warum jammern Sie, daß man Ihnen ,schon wieder“ auf den Wecker geht?“

„Weil jemand vor ein paar Tagen angerufen hat, um mich zu fragen, ob Madame Barton noch hier wohnt. Ich hab gesagt, ich hör den Namen zum ersten Mal. Und wir wohnen erst seit 1940 hier. Dann ist er gekommen.“

„Wer?“

„Der, der angerufen hat... Wollte sich vergewissern, daß Madame Barton auch wirklich nicht mehr hier wohnt. Hat sich ‘n paar Mal die Briefkästen angeguckt.“

„Wie sah er aus?“

„Wer?“

„Der, der sich die Briefkästen angeguckt hat.“

Ein nettes Frage- und Antwortspiel!

„Hm...“

Der Mann aus der Auvergne gab mir ‘ne normannische Personenbeschreibung.

„Trug er vielleicht neue Schuhe, kanariengelb?“ half ich ihm auf die Sprünge.

„Ja, genau! Waren nicht zu übersehen, auch bei der Dunkelheit nicht. Hab noch zu mir gesagt: Solche Schuhe könnte ich brauchen, weil...“

„Bei der Dunkelheit? War’s nachts?“

„Fast, ja.“

„Ist der Mann direkt nach dem Telefonanruf gekommen oder erst später?“

„Oh, sehr viel später. Ein paar Stunden...“

„An welchem Tag war das?“

„Ich glaub, das war letzten Freitag.“

Ich bedankte mich und legte auf. Im selben Augenblick kam Hélène hereingeschneit.

„Ich hab Ihren heimlichen Schwarm gefunden“, verkündete sie stolz.

„Wunderbar, das ging ja schnell! Schießen Sie los!“

„Moment. Erst mal möchte ich Sie zu Ihrem guten Geschmack beglückwünschen... und Abbitte leisten! Das Mädchen hat das Gesicht einer Mörderin wie Sie das eines ehrenwerten Mannes...“

„Wir verstehen uns nicht mehr, Hélène“, sagte ich lachend. „Wenn Sie ,weiß’ denken, denke ich ,schwarz’. Und wenn Sie die Batterien wechseln, tu ich’s auch. Na ja... Also los!“

Etwas verwirrt begann meine Sekretärin:

„Lydia Verbois...“

„Ist das jetzt ihr richtiger Name?“ fiel ich ihr ins Wort.

„Ja. Lydia Verbois arbeitet für Irma und Denise, Rue de la Paix, als Modezeichnerin.

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