Nemesis 06 - Morgengrauen by Morgengrauen

Nemesis 06 - Morgengrauen by Morgengrauen

Autor:Morgengrauen [Morgengrauen]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, Horror, Horror - Mystery
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


»Wie es scheint, wohnen zwei Seelen in deiner Brust«, spottete der Professor.

Mein Verstand wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, zu akzeptieren, was ich gesehen hatte.

»Der Film ist manipuliert!«, entfuhr es mir fassungslos.

»Das ist so nicht geschehen! Ich ...«

»Manipuliert? In so kurzer Zeit? Die besten Trickstudios der Welt wären dazu nicht in der Lage.« Der Professor blickte auf die schwere silberne Uhr an seinem Handgelenk. »Es ist nicht einmal eine halbe Stunde vergangen, seit diese Aufnahmen entstanden sind. Diese Bilder lügen nicht.«

»Dann wurde der Film vorher gedreht«, beharrte ich stur. »Es war nur gespielt. Und dann haben Sie diese Morde begangen ...« Ich hörte selbst, wie sich meine Stimme überschlug, so schnell redete ich. Es war, als versuchte ich, mit meinen Worten eine Art Schutzwall gegen die Wirklichkeit zu errichten.

Professor Sänger strich sich mit der dürren Hand über das nicht weniger knochige Kinn. »Das wäre wohl möglich«, gab er zu. »Aber welchen Sinn hätte das schon?«

»Sie wollen mich manipulieren!«, behauptete ich in verzweifeltem Zorn.

Der alte Wissenschaftler schüttelte sanft den Kopf.

»Wozu?«, fragte er, und ich wehrte mich gegen den Eindruck, dass seine Stimme ehrlich klang. »Einen Mann manipulieren, der in spätestens drei Tagen tot sein wird.

Was hätte ich schon davon? Wären zwei Menschenleben nicht ein sehr hoher Preis für ein derartiges Unterfangen?«

Die kalte Logik seiner Worte ließ mich nur noch entschiedener gegen sie aufbegehren. Der Professor hatte das alles hier von langer Hand geplant! Auch wenn ich nicht begreifen konnte, welchem Zweck das alles dienen sollte; schließlich war es ein bisschen zu viel verlangt nachzuvollziehen, was in einem Mann vorging, der zu Kriegszeiten Zwangsadoptionen hatte durchführen lassen, um einen beachtlichen Teil der so erlangten unschuldigen kindlichen Wesen in Scheiben zu schneiden und in einem Keller unter einer alten Burg auszustellen. All die schnellen und plausibel klingenden Antworten des Alten waren doch sicher lange im Voraus ausgetüftelt worden, vielleicht nicht von ihm allein. Sie kamen ohne jegliches Zögern, ohne eine Spur der Unsicherheit, ganz so, als hätte er sie auswendig gelernt. Sie waren der Beweis dafür, dass hier etwas nicht stimmte!

Oder dafür, dass er tatsächlich die Wahrheit sagte, meldete sich der unbequeme Flüsterer, der schon so oft Recht behalten hatte, in meinen Gedanken. Über die Wahrheit musste man schließlich nicht erst lange nachdenken.

»Beginnst du endlich, die Wahrheit zu begreifen?«, fragte Sänger, als hätte er in meinen Gedanken gelesen.

»Du bist der Held dieses Abends. Im Herd in der Küche oben in der Burg liegt eine Patrone mit einem Nervengas verborgen. Eigentlich seid ihr nur alle zusammengerufen worden, damit ihr dort oben alle versammelt seid. An einem Ort fernab von lästigen Zeugen.«

Er lächelte selbstgefällig, rückte sich den Hocker zurecht, den zuletzt das Mädchen namens Carla im Todeskampf umgestoßen hatte, und setzte sich darauf.

»Eine Erbschaft gab es nie«, fuhr er fort. »Ich wollte die dritte Generation vergasen, um dann die nötigen Eingriffe in aller Ruhe vornehmen zu können. Ihr alle habt Hirntumore, die eure Lebensperspektive auf maximal ein Jahr begrenzen. Das Risiko war zu groß, dass ihr bald in Kliniken landet, in denen ich keinen Zugriff mehr auf euch habe.



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