Nelkenmörder by Paul Lascaux
Autor:Paul Lascaux [Lascaux, Paul]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00
›Kunsthandel Blöchlinger‹ stand in goldenen Lettern im zweiten Stock eines Hauses aus der Barockzeit an einer schweren Holztür aus dem 19. Jahrhundert. Das Appartement befand sich in der Junkerngasse, in Berns Luxuswohnlage. Der Schlüsselmann der Police Bern öffnete den Wohnungseingang.
»Dass er sich so was leisten kann, wenn er doch noch kein Bild verkauft hat?«, wunderte sich Nicole.
»Wir wissen ja nicht, ob er bereits Miete bezahlt hat«, stellte Heinrich nüchtern fest. »Aber mit einem standesgemäßen Appartement hat man schon einen Fuß auf der Schwelle seiner Kundschaft.«
»Und wer soll das sein?«, wollte Nicole wissen. »Die Berner Beamten haben zwar ein regelmäßiges Einkommen, aber doch kein Geld, mit dem man Kunst im Millionenbereich kaufen könnte.«
»Die vielleicht nicht«, sagte Forrer. »Aber die Reste der alten Aristokratie schon. Die haben auch die geeigneten Landschlösser. Und dann gibt es noch eine ganze Anzahl von Diplomaten, die in jeder Hauptstadt für einen Deal gut sind. Wenn sie ihn nicht selber machen, dann treten sie als Vermittler auf.«
»Das läuft umgekehrt ja genauso«, sagte Müller. »Ein ehemaliger Schweizer Botschafter hat in den letzten 30 Jahren die repräsentativste Sammlung neuer chinesischer Kunst angehäuft.«
Sie betraten die Wohnung, und bald wurde klar, dass Blöchlinger noch nicht viele Tage hier verbracht hatte. Die Wände waren beinahe leer, es standen kaum Möbel in den vier großzügigen Räumen mit Blick auf die Aare auf der Südseite der Stadt. Der Kühlschrank war leer. Schön verteilt auf die einzelnen Zimmer standen Kisten, die aufgerissen, aber nicht ausgepackt waren. Der Kunsthändler hatte sich offenbar jeweils zusammengesucht, was er gerade brauchte.
»Viel Zeit hat er ja nicht mehr gehabt, um seinen Luxus zu genießen«, stellte Nicole fest.
»Was sagt ihr zum Poster an der Wand?«, fragte Forrer.
Völlig verloren hing ein schlechter Druck von Botticellis ›Frühling‹ auf der Gartenseite zwischen zwei Fenstern.
»Man fragt sich, ob er überhaupt etwas von Kunst versteht, wenn er so was aufhängt«, staunte Müller.
»Vielleicht ein Platzhalter für das Original?«, schlug Nicole vor.
»Das war aber ein bisschen größer«, sagte Heinrich, »und gut bewacht.«
»Viel werden wir nicht finden«, seufzte der Polizist. »Nicht einmal einen Computer besitzt der Mann.«
Heinrich erwiderte: »Er wird seinen Laptop nach Italien mitgenommen haben. Und auch sein Handy.«
»Dann dürften diese Daten verloren sein«, schloss Nicole.
Forrer gab die Anweisung, alles einzupacken, was sich an Dokumenten in den Kisten befand.
»Wir gehen zu Fuß zur Wohnung von Annette Gubler, die liegt ja fast parallel auf der Schattseite in der Rathausgasse.«
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