Mosaik aus Schatten und Licht by Beatrix Foidl-Zezula

Mosaik aus Schatten und Licht by Beatrix Foidl-Zezula

Autor:Beatrix Foidl-Zezula
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Pustet
veröffentlicht: 2015-11-15T00:00:00+00:00


9. Oktober

Der Wecker erfüllt seinen Dienst, läutet pünktlich um sieben Uhr früh und erinnert mich erbarmungslos an mein Urlaubsende. Nachdem ich alles noch so in Ordnung gebracht habe, wie Karen es auf einem hinterlassenen Zettel erbeten hat, schleppe ich meinen – hauptsächlich von den Büchern – so schweren Koffer hinunter und begebe mich mit Gepäck und großem Abschiedsschmerz zur nahe gelegenen Mesa Platia, wo mich fünf Minuten später auch schon das bestellte Taxi abholt.

Schweigend fahren wir zum Flughafen und in dieser angenehmen Morgenstille lasse ich die vorbeiziehende Landschaft noch einmal auf mich wirken – im Wechsel mit Bildern aus den vergangenen zwei Wochen, welche vor meinem inneren Auge erscheinen.

Es sind schöne, gleichzeitig belebende und entspannende Momente, die ich so noch einmal durchlebe, und ich fühle mich glücklich, die ersten zwei Wochen meiner zweiten Jahrhunderthälfte auf diese Weise genützt haben zu dürfen.

Doch so gerne ich diese Zeit noch verlängert hätte, stelle ich mich im Flugzeug nun schön langsam auf die Heimkehr ein. Meine Gedanken drehen sich immer mehr darum, ob mich mein Mann wohl vom Flughafen abholen wird, wie es Collette mit ihrem Babybauch geht und was Isabella mir Neues aus ihrem derzeit etwas bewegten Liebesleben erzählen wird. Ein leichtes Überdruckgefühl bei der Landung bringt mir meine Diagnose vom Jahresbeginn in Erinnerung. Aber ich verscheuche das damit aufsteigende leichte Angstgefühl, indem ich es einem nicht gelungenen Druckausgleich zuschreibe und sanft meinen Hinterkopf massiere.

Als ich dann in der Gepäckausgabe warte und durch die Glastür in den Ankunftsbereich hinausblicke, sehe ich auch schon Frank lachend winken. In diesem Moment bin ich froh, wieder zu Hause zu sein, 'Adonis' ist vergessen, und ich kann es kaum erwarten, von meinem Mann in die Arme geschlossen zu werden. Das tut er dann auch kräftig. Da wir ja schon in München sind, rufen wir Collette an, die seit wenigen Jahren hier lebt, und verabreden uns mit ihr auf ein Abendessen. Mit Isabella telefoniere ich ebenfalls und wir vereinbaren, uns morgen zu Hause zum Frühstück zu treffen. Ach ist das schön, meine Familie wieder so nah bei mir zu haben. Gleichzeitig beschließe ich aber, mir in Zukunft jedes Jahr eine kleine Auszeit zu gönnen. Vielleicht wieder auf Chios, vielleicht auch woanders. Auf jeden Fall in der gleichen Art und Weise – ohne Telefon, ohne, oder zumindest mit sehr geringen, Sprachkenntnissen, ohne Fernseher, ohne Radio, ohne Zeitung. Einfach nur ich, das Leben und das, was es mir dort bietet. Ich habe mich schon lange nicht mehr gleichzeitig so froh, so leicht und so lebendig gefühlt.



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