Mord in Metropolis - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Mord in Metropolis - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Autor:Gmeiner-Verlag
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-08-02T22:00:00+00:00


Kapitel 13

30. Oktober 1925, 21 Uhr, Neubabelsberg, Freigelände

So viel hätte Grenfeld gar nicht trinken können, um derart benommen Auto zu fahren, wie er es nach seiner ersten Stunde bei Dr. Löhns tat. Zuerst wäre er fast in einen Milchwagen der Meierei Bolle gefahren, dann hätte er beinahe einen stehenden Bus gerammt. Er war froh, heil vor dem Pförtnerhaus der UFA in Babelsberg angekommen zu sein. Als er sich dem Drehort der Überschwemmungsszene näherte, dachte er für einen Moment, er befände sich mitten in seinem Traum. Im Hintergrund, von hellen Scheinwerfern bestrahlt, die grauen Hochhauskulissen der Unterstadt von Metropolis, davor das Wasserbassin mit Hunderten von lärmenden Kindern. Auf einer Steganlage vor dem Gong Brigitte Helm als Maria, daneben Fritz Lang, der ihr mit ausgestreckten Armen ein letztes Mal demonstrierte, wie sie die Kinder aus den Fluten retten sollte. Ein unwirkliches Bild umrahmt von den dichten Nebelschwaden auf dem Gelände, die im Scheinwerferlicht grell weiß leuchteten. Heinrich Ziller wanderte unruhig am Beckenrand entlang, offenbar auf ein Signal wartend. Grenfeld ging ganz nah an den Rand des leeren Bassins. Ihm wurde schwindlig, sodass er sich auf den Beckenrand setzen musste. Bald würden die Wassermassen, wie im Drehbuch beschrieben, den Platz mitsamt den Kindern in Sekundenschnelle überspült haben. Er sah die Rippen der unterernährten Berliner Straßenkinder, die Füßchen hin und her wippend, ungeduldig, frierend. An die vierzig Mal hatten sie in den letzten Wochen diese Szene geprobt. Am Anfang war das Wasser noch angewärmt worden, später blieb es eiskalt. An das Ölgemälde im Behandlungszimmer dachte er jetzt, an die vier Badenden, dann an seinen Traum, an die Wasserfluten, die einstürzenden Mauern und schließlich sah er die Leichen vor sich, wie sie im Uhrzeigersinn drehend, schnell vom Strudel des Abflussloches erfasst, unbarmherzig in die Tiefe gesogen wurden. Nur jetzt nicht ohnmächtig werden, dachte er, und mit einem Mal überfiel ihn eine unbestimmte Unruhe.

»Robert!« Mascha stand plötzlich neben ihm und starrte ihn an. »Was ist mit dir? Du bist ja kreidebleich! Warum kommst du so spät?«

»Wieso spät?«, stammelte Grenfeld und sah die Leichen im Wasser treiben.

»Wir waren hier um 19 Uhr verabredet. Schon vergessen? Hör zu, ich bin gestern noch einmal zur Gartenlaube gefahren und habe sie auf den Kopf gestellt.«

»Wie bitte? Du alleine?«

»Stell dir vor, ich habe den zweiten Teil des Manuskripts gefunden. Weitere hundert Seiten. Es ist wirklich fantastisch.«

Grenfeld konnte sich beim besten Willen nicht auf Mascha konzentrieren und sah durch sie hindurch. Jetzt hörte er die Stimme von Fritz Lang. »Noch drei Minuten bis zur Aufnahme. Alle Kinder sammeln sich vor dem Gong!«

»Was ist mit den Kindern?«, fragte Grenfeld laut.

»Was meinst du?«

»Die Kinder, was geschieht mit ihnen in der Überschwemmungsszene? In diesem zweiten Teil, was steht da?«

»Da gibt es keine Überschwemmung.«

»Sondern?« Grenfeld schrie nun.

»Ein Feuerinferno. Die Unterstadt von Metropolis brennt bis auf die Grundmauern nieder und viele kommen darin um!«

Für einen kurzen Moment konnte sich Grenfeld beruhigen, dann sah er Heinrich Ziller. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Er sah verwirrt aus, beugte sich immer wieder über den Beckenrand. Grenfeld stand auf und rannte zu ihm hinüber.



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