Mord im besten Alter by Lercher

Mord im besten Alter by Lercher

Autor:Lercher
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-04-14T16:00:00+00:00


Zwei Tage später

Auf dem Tisch im Lagerraum, der ans Schwesternzimmer grenzte, türmten sich Pakete und Flaschen. Schwester Erika sichtete die eben eingetroffenen Me­­dikamente und verglich die Lieferung mit ihrer Bestellliste. „Passt“, stellte sie fest und begann, die Schachteln mit Tabletten, Kapseln, Ampullen und Flaschen in die dafür vorgesehenen Laden und Fächer der Medikamentenschränke zu räumen. Beim Bestand gab es jedoch schon wieder Probleme. Laut Ausgabeliste müssten noch mehr Schlafmittel im Kasten sein. Zwar fehlten von drei verschiedenen Medikamenten nur jeweils ein bis zwei Packungen, aber das nicht zum ersten Mal. Sie musste noch einmal mit Schönwies reden. Solange mehrere Personen zu den Schränken Zugang hatten, würde man nie dahinterkommen, ob sich jemand selbst bediente oder ob Einzelne nur schlampig bei der Dokumentation waren.

Die Therapiekatze Aphrodite strich um Erikas Beine. „Ditti“, lockte sie und bückte sich, um die einäugige Tigerkatze zu streicheln. Ditti begann sofort zu schnurren. Eigentlich sollte das Tier in seinem Transportkorb sitzen. Sabine, die Physiotherapeutin, hatte Ditti am Vormittag vorbeigebracht und gesagt, sie hätte noch eine Besorgung zu machen. Aphrodites Maunzen hatte Erikas Herz erweicht. Sie hatte die Katze aus dem Korb gelassen. Hier konnte sie ohnehin nicht viel anstellen.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Sonja stürzte mit hochrotem Kopf in den fensterlosen Raum. Die Röte in ihrem Gesicht schlug sich mit der ihrer Locken.

„Was ist los?“, fragte Erika. Auch Aphrodite hatte sich erschrocken und schoss an Sonja vorbei auf den Gang hinaus, was den beiden Frauen jedoch entging.

„Boa, das war jetzt peinlich“, stöhnte die Pflegehelferin.

„Was?“

„Warum muss gerade mir das passieren?“

Erika griff nach den Macumar-Tabletten. „Jetzt sag. So schlimm wird es schon nicht sein.“

Schwester Miriam war Sonja nachgekommen und stand in der Tür. „Was ist denn los? Rennt wie ein aufgescheuchtes Hendl durch den Gang. Ist etwas passiert?“

„Ich hab grad zwei im Romantikzimmer überrascht.“

Schwester Erika legte die Tabletten zur Seite. „Aha“, sagte sie lakonisch.

„Die waren mitten bei der Sache.“

Erika verzog angewidert das Gesicht. „Am helllichten Tag?“

„Die Vorhänge waren zugezogen.“ Sonja hustete und rieb sich die Augen.

„Ach eh.“ Erikas Sarkasmus war unüberhörbar.

Miriam war nun ganz ins Schwesternzimmer ge­kommen und hatte die Tür zugeschoben. Sie ließ sich auf einen Sessel fallen und verschränkte die Arme vor ihrem üppigen Busen.

„Ich hab einfach nicht damit gerechnet, dass jemand im Zimmer ist“, rechtfertigte sich Sonja. Sie räusperte sich und griff nach einem Taschentuch. „Sonst wäre ich bestimmt nicht hineingegangen.“

„Die hätten ja zusperren können“, sagte Miriam.

Erika registrierte, dass ihre gutmütige Kollegin sich nicht einmal von einer solchen Sache aus der Ruhe bringen ließ.

Sonja lehnte sich an das Spülbecken. „Das ist, als würde man die eigenen Eltern dabei überraschen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob mich die beiden überhaupt bemerkt haben.“

„Und wenn, was soll’s? Mach dir keinen Stress.“ Miriam warf Sonja einen aufmunternden Blick zu.

„Ich glaub, auf den Schreck brauch ich eine Zigarette. Rauchst eine mit?“ Sonja hustete erneut.

Erika nickte. „Ich brauch eh eine Pause.“ Sie war müde und hatte Kopfschmerzen. Ihre finanziellen Sorgen hatten sie die halbe Nacht wachliegen lassen. Gegen drei Uhr früh war sie schließlich aufgestanden und hatte sich alte Folgen einer amerikanischen Sitcom angeschaut.



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