Mein Kollege Putin: Als KGB-Agent in Dresden 1985-1990 (B00OJ75IU2) by Wladimir Usolzew

Mein Kollege Putin: Als KGB-Agent in Dresden 1985-1990 (B00OJ75IU2) by Wladimir Usolzew

Autor:Wladimir Usolzew [Usolzew, Wladimir]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Edition Berolina
veröffentlicht: 2014-10-15T04:00:00+00:00


* * *

Wir wohnten in einem neuen Plattenbau, in einer Dreizimmerwohnung. Das Haus hatte sechs Stockwerke, und auf jeder Etage gab es zwei Wohnungen. Die Wohnung, die unserer gegenüberlag, hatte vier Zimmer und wurde von einem Mitarbeiter des MfS bewohnt. Für die Mitarbeiter des MfS gab es eine strenge Richtlinie, die besagte, dass mit den sowjetischen Freunden nur ein genehmigter Kontakt aufgenommen werden durfte. Es war bereits mehrfach zu Bestrafungen gekommen, nur weil einfache Mitarbeiter aus rein freundschaftlichen Gründen mit uns Kontakt aufnahmen. Peter, einer meiner Bekannten, ein ausgesprochen fröhlicher Mensch, an dem ich, außer persönlicher Sympathie, keinerlei dienstliches Interesse hatte, wurde wegen unserer Teestunden bei ihm zu Hause regelrecht der Kopf gewaschen. Jetzt lebten wir Tür an Tür mit einem Mitarbeiter einer zweitrangigen Abteilung in der Bezirksverwaltung. Ihm gestattete man den Umgang mit uns, aber keine Gespräche über dienstliche Themen. Ehrlich gesagt interessierten uns die dienstlichen Themen auch überhaupt nicht, bei uns stand der Mensch im Vordergrund. Wir besuchten uns gegenseitig, spielten Skat – das Lieblingskartenspiel der Deutschen –, tranken dabei Bier und sprachen über das Leben. Unsere Nachbarn interessierte, wie die meisten Deutschen damals, die Perestroika in der UdSSR. Wir erzählten von dem, was die Zeitschriften Ogonjok und Neue Zeit schrieben, und die Deutschen schüttelten nur den Kopf. Im Vergleich zum halbstalin’schen Sozialismus in der DDR war unser sich veränderndes Land eine Bastion des freien Denkens.

Da wir alle Valuta-Empfänger waren, kauften wir uns Videogeräte. Unsere Nachbarn hatten diese Möglichkeit nicht. Dass wir uns Videos anzuschauen konnten, war also ein weiterer Grund, weshalb es für die Deutschen attraktiv war, sich bei uns zu treffen.

Mit unseren Nachbarn hatten wir Glück. Sie waren in unserem Alter, unkomplizierte und fröhliche Menschen.

In unserem Aufgang gab es ein ausgesprochen freundschaftliches und enges Verhältnis untereinander. Nur eine deutsche Familie, die unter uns in der ersten Etage wohnte und ein Grundstück hatte, bildete in dieser Hinsicht eine Ausnahme.

Die regelmäßige Überprüfung der Sirenen machte uns das Leben schwer. Jeden Mittwoch um 12 Uhr verwandelte sich alles in eine heulende Landschaft. Alle Sirenen der Betriebe und in den Wohnblöcken wurden gleichzeitig eingeschaltet, und einige Minuten schrillten sie mit durchdringendem Ton. In der Villa gab es keine Sirene, und so hörten wir nur die der umliegenden Häuser. In unserem Haus war es dagegen fürchterlich. Die Sirene befand sich in der dritten Etage, neben der Wohnung von Sergej. Ich musste den Lärm einige Male über mich ergehen lassen, wenn ich mittags zum Essen nach Hause kam. Die Deutschen waren ein gründliches Volk. Wenn in der Instruktion stand, dass die Sirenen einmal in der Woche überprüft werden mussten, dann war das unumstößlich und wurde ohne Ausnahme durchgeführt. In Fällen wie diesen gefiel mir die deutsche Gründlichkeit nicht. Da gefiel mir die Schlamperei in den Stäben unserer Zivilverteidigung schon besser. Alle Neuankömmlinge wurden in die sich periodisch wiederholende Sicherheitsmaßnahme eingewiesen. Ein Mensch, der das Geheul nicht erträgt, kann davon durchaus verrückt werden. Besonders mit kleinen Kindern war das ein Problem. Die Mütter mussten ihnen die Ohren zuhalten. Bei der Einweisung nahm die



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