Medusa by Rainer Fuhrmann

Medusa by Rainer Fuhrmann

Autor:Rainer Fuhrmann [Fuhrmann, Rainer]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-08T16:00:00+00:00


22. Kapitel

Kadenbach schnob durch die Nase. »Ich werde zwei- bis dreimal wöchentlich abends nicht in der Klinik sein. Fortbildungslehrgang. Und sonnabends sitze ich dann mit der Seminargruppe zusammen. Ich möchte, daß Sie mich in dieser Zeit hier im Labor ersetzen. Ihre Regina hat mir zugesichert, ihren ganzen Einfluß auf Sie einzusetzen, damit Sie mich unterstützen.« Er blickte zu dem Käfig, den ich im Labor unter eines der Dachfenster gestellt hatte. »Offen gestanden, ich weiß nicht recht, was wir mit dem Affen anfangen sollen. Wie benimmt er sich?«

»Wie ein Affe.«

Kadenbach brach in abgehacktes Gelächter aus. »War blöd, ich weiß! Julius trägt ja immer noch seinen Fernsehsender im Kopf. Hätte schließlich sein können, daß er sich verändert hat. Sie sehen, so dumm war meine Frage nicht.« Er warf mir einen unfreundlichen Blick zu, trat an den Käfig und beugte sich nieder. Julius drängte sich an die Gitterstäbe und blickte ihm aufmerksam ins Gesicht, musterte ihn mit beinahe menschlichem Ernst, wandte den Blick zu mir. Schien zu vergleichen. Dann streckte er sein Ärmchen durch die Stäbe, zog Kadenbachs Hand sanft heran. Biß überraschend hinein. Ruhig, überlegt, als wüßte er genau, was er tat.

Kadenbach fuhr mit einem Fluch zurück und betrachtete die Bißstelle auf seinem Handrücken.

Ich brachte den Verband-Spray. »Merkwürdig, er hat sich doch früher von Ihnen anfassen lassen. Er scheint Sie nicht mehr zu mögen. Mich hat er bisher nicht gebissen.«

»Sie bringen ihm auch das Futter.«

Während das aufgesprühte Pflaster an der Luft aushärtete, zog Kadenbach mit der freien Hand eine Schachtel Zigarren aus der Tasche, fummelte eine Brasil heraus und entzündete sie mit einem nachdenklichen Ausdruck. »Benimmt sich Julius in einer für einen Affen ungewöhnlichen Weise?«

»Versuchstiere verhalten sich im Labor anders als unter natürlichen Bedingungen. Sie reagieren auch auf Ortswechsel. Das haben Sie eben bemerkt.«

Kadenbach wurde ungeduldig. »Tun Sie mir den Gefallen, und stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind.«

Ich betrachtete die glasklare elastische Schutzschicht auf der Wunde. »Merkwürdig, obwohl die Zähne an zwei Stellen bis auf den Knochen trafen, sickert kein Blut. Nicht ein Tropfen. Eigentlich müßte es laufen wie aus einem Wasserhahn. Das Pflaster genügt nicht. Die Wunde muß genäht werden.«

»Das sehe ich selbst«, erwiderte Kadenbach. »Ich gehe nachher zu Sorge. Sie sind mir noch eine Antwort schuldig.«

»Julius ist außerordentlich ruhig. Keine Spur von Angst. Wenn ich bedenke, daß er sich wie toll gebärdete, als ich den Käfig hierherbrachte. Nun sitzt er den ganzen Tag an den Gitterstäben und beobachtet mich. Er spielt nicht, sitzt bewegungslos und läßt sich nichts entgehen.«

»Hat er Medusa schon gesehen?«

»Nein.«

»Haben Sie ihn aus dem Käfig gelassen?«

»Selbstverständlich nicht. Rhesusaffen sind flink. Ich fürchte, ich könnte ihn nicht einfangen, ohne im Labor Verwüstungen anzurichten.«

Kadenbach klaubte einen Tabakkrümel von der Lippe. Ohne den Kopf zu heben: »Versuchen wir es mal.«

»Was?«

»Lassen Sie ihn ‘raus. Bin neugierig, was er anstellt, wenn er aus dem Käfig kommt.«

»Und um ihn einzufangen, zerschlagen wir die halbe Einrichtung.«

»Wir können ja sicherheitshalber alle Gläser wegstellen.« Kadenbach setzte sich auf den Labortisch, streifte die Zigarrenasche an einem Becherglas ab und betrachtete schweigend die Vorbereitungen.

Ich öffnete die Gittertür.



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