Mariana: Roman (German Edition) by Kearsley Susanna

Mariana: Roman (German Edition) by Kearsley Susanna

Autor:Kearsley, Susanna [Kearsley, Susanna]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492956574
Herausgeber: Piper (com)
veröffentlicht: 2012-02-14T23:00:00+00:00


Kapitel achtzehn

Mit leicht zitternden Händen nahm ich das Armband aus der flachen Schublade, wo es – ja, wie lange eigentlich? Jahrhundertelang? – verborgen gelegen hatte. Es war dasselbe Armband, das wußte ich mit einer jegliche Logik überschreitenden Sicherheit. Sein Anblick, das Gefühl seines Gewichts und seiner Form in meiner Handfläche waren mir derart vertraut, daß kein Zweifel darüber bestand, daß es einmal mir gehört hatte.

Aber wie war es in ein hölzernes Schoßpult gelangt, das – wenn man der Herstellerinschrift glauben konnte – erst Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gefertigt worden war, also siebzig Jahre oder mehr nach Mariana Farrs Ankunft in Exbury? Das Armband immer noch fest in der Hand, schloß ich den Deckel des Pults und betrachtete erneut nachdenklich den verschlungenen Buchstaben »H« auf dem Namensschild. War es denn möglich, fragte ich mich, daß das »H« für »Howard« stand? Hatte dieses einfache, kleine Tischchen einmal einem der Howards von Greywethers gehört?

Ich schüttelte verwirrt den Kopf. All das erschien mir so unglaublich phantastisch, jenseits aller Wahrscheinlichkeit. Soviel Zufall war einfach nicht möglich, dachte ich. Oder … etwa doch? Ich ließ das Armband durch meine Finger gleiten wie die Perlen eines Rosenkranzes, und die Paradiesvögel schienen mir zuzuzwinkern, wenn das Licht ihre Glasaugen in einem bestimmten Winkel traf. Vielleicht, grübelte ich, wenn vielleicht wirklich alles aus einem bestimmten Grund geschah und wenn es wirklich eine geheimnisvolle Kraft gab, die uns unserer Bestimmung oder unserem Schicksal zuführte, war mein Auffinden des Armbands am Ende doch kein so großer Zufall. Vielleicht war es sogar notwendig …

Ein lautes, forderndes Klopfen an meiner Hintertür schreckte mich aus meinen Überlegungen, und ich warf schnell das Armband zurück in das Schoßpult, bevor ich ging, um zu öffnen. Mein Verstand jedoch hatte den Gedankengang noch nicht ganz aufgegeben, und die Zerstreutheit muß deutlich auf meinem Gesicht zu lesen gewesen sein, als ich die Tür aufriß und mich dem Mann gegenübersah, der draußen auf der Schwelle stand.

Iain Sumner füllte den Türrahmen aus und hielt fast das ganze Sonnenlicht ab. Seine Miene war vorwurfsvoll.

»Du hast Unkraut gejätet«, sagte er ausdruckslos, »stimmt’s?«

Er wollte zweifellos gerade mit einer seiner temperamentvollen Standpauken beginnen, vor denen mich Vivien gewarnt hatte, aber ich wurde im letzten Moment durch einen recht außergewöhnlichen Zwischenfall gerettet – zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen brach ich in Tränen aus.

Dieser Ausbruch, muß ich zugeben, war nicht annähernd so spektakulär wie der in Toms Haus in Hampshire, aber immerhin verschleierten sich meine Augen, und mein Mund begann leicht zu zittern, und Iain hörte sofort auf, finster dreinzusehen, um mich dafür mit einer Mischung aus Besorgnis und Zerknirschung anzustarren. Es war beinahe komisch, den selbstgewissen Schotten so völlig sprachlos zu sehen, weshalb ich es nicht verhindern konnte, daß meine Lippen sich zu einem kleinen Lächeln verzogen.

»Tut mir leid«, sagte ich und wischte mir die Augen, »es liegt nicht an dir. Es ist nur, daß …« Ich zögerte und suchte nach einer Erklärung, kam aber zu dem Schluß, daß es keine einfache Erklärung für meinen überreizten Zustand gab. »Jedenfalls«, schniefte ich, »es stimmt, ich habe in deinem Garten gejätet.



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