Manka, das Mammut by Lothar Streblow

Manka, das Mammut by Lothar Streblow

Autor:Lothar Streblow
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2018-06-20T00:00:00+00:00


Mücken und Tümpelwasser

Die Schmelzwasser zerrannen, die Nebel verwehten, Sonne brannte über der durchweichten Erde. Die Tundra färbte sich grün bis hoch in den Norden. Dazwischen lagen Torfmoore in tiefem Braun, schimmerten die nun eisfreien Seen wie dunkle Spiegel an windstillen Nachmittagen, smaragdfarben umrandet von Ried und hohem Gras. Am fernen Horizont wuchsen hochaufgetürmte Kumuluswolken.

Kaum merklich mündete der Frühling in den Tundrasommer. Silbrigweiß schimmerte das Wollgras an den Tümpeln. Auf steinigem Grund leuchteten rot und grün Bärentrauben und Moosbeeren. Und mit den Blüten kamen die Insekten, schwebten wie tanzende Wolken im Sonnenlicht.

Nach der einsamen Nacht im Nebel blieb Manka folgsam bei ihrer Herde. Sie hatte genug vom nächtlichen Grauen. Behaglich trank sie bei ihrer Mutter, leckte sich die verschlabberte Milch aus ihrem Zottelfell. Und sie ließ sich willig von ihr mit vorgekautem Grün füttern.

Hunger hatte sie eigentlich immer, obwohl auch Ranko sie noch fütterte. Und wenn sie in der Wärme des Mittags müde wurde, legte sie sich mit Singa und Rundu zum Schlafen nieder. Nur beanspruchte jetzt Fransenohr den Platz neben ihr. Und manchmal, wenn sie eng aneinandergeschmiegt dösten, schob Fransenohr ihr seinen kleinen Rüssel zärtlich hinters Ohr.

Doch oft währte ihre Ruhe nicht lange. Die wärmsten Sommertage brachten auch die meisten Mücken. Aufdringlich krabbelten sie in Augen und Ohren und stachen in die empfindliche Rüsselspitze. Wütend schnaufte Manka durch den Rüssel, versuchte die Plagegeister zu vertreiben. Aber viel half das nicht. Kaum war sie wieder eingeschlafen, spürte sie erneut die peinigenden Stiche.

Unwirsch richtete sie sich auf. Ihre Mutter riß ein ziemliches Stück entfernt mit den übrigen Kühen an einer Gruppe Zwergbirken frische Blätter von den Zweigen. Nur eine der Tanten wachte bei den kleinen Schläfern. Es war die frühere Leitkuh der Nachzüglerherde. Aber bei ihr gab es keine Milch, nur vorgekautes Grünzeug. Und darauf hatte Manka jetzt keinen Appetit.

Ihr Rüssel juckte von den Mückenstichen. Und sie spürte brennenden Durst. Als sie noch etwas schläfrig aufstand, wurden auch die anderen drei wach und erhoben sich. Offenbar warteten sie darauf, was Manka tun würde.

Manka blies sich erst mal ein paar Mücken vom Rüssel. Dann stapfte sie entschlossen auf einen von Wollgras umwucherten Tümpel zu, scheuchte dabei ein paar Wildenten auf, die flatternd davonflogen. Manka wollte trinken und baden. Und die drei Kleinen trotteten einträchtig hinter ihr her, als sei sie die Leitkuh.

Das aber schien der beaufsichtigenden Tante gar nicht zu gefallen. Für solch selbständige Unternehmungen waren die Jungen noch zu klein. Mit Riesenschritten stapfte sie ihnen nach. Und als Manka mit ihren Gefährten durch den Uferschlamm spritzend ins Wasser planschte, blieb sie aufmerksam beobachtend am Rand des Tümpels stehen.

Plötzlich stampfte Ranko von der anderen Seite durchs Weidengebüsch. Auch er wollte baden. Und hinter ihm kam Kolo. Die beiden jungen Bullen trieben sich jetzt öfter zusammen in der Gegend herum. Sie hatten aber noch kein Bedürfnis, sich einer der Gruppen von Jugendlichen anzuschließen, wo es etwas rauher zuging. Lieber rauften sie verspielt miteinander als mit Älteren, achteten fürsorglich auf ihre jüngeren Geschwister und ließen sich von ihnen auch geduldig Grünzeug zwischen den Zähnen hervorholen. Mitunter aber benahmen sie sich den Kleinen gegenüber ziemlich ungestüm.



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