Maigret - 31 - Mein Freund Maigret by Simenon Georges

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-02-15T00:00:00+00:00


6

Das Pferd des Majors

Die Engländer haben ihre guten Seiten. Hätte ein französischer Kollege an Stelle von Mr. Pyke dem Verlangen widerstanden, ihm die Sache unter die Nase zu reiben? Und hatte Maigret, obwohl ihm das Necken gar nicht so besonders lag, nicht eben fast eine diskrete Anspielung auf die Wasserspülung gemacht, die der Inspektor von Scotland Yard in der Nacht so oft gezogen hatte? Vielleicht war der Abend fröhlicher gewesen, als es ihnen beiden zum Bewußtsein gekommen war. Jedenfalls hatte das niemand vorausahnen können. Sie waren immer noch alle drei, Maigret, Pyke und Jojo, in der Küche, deren Tür nach wie vor offenstand. Maigret trank seinen Kaffee aus, und Mr. Pyke im Badeanzug stand ihm im Licht, während Jojo in dem Speiseschrank nach Speck suchte. Es war genau drei Minuten vor acht, als Maigret, auf die Uhr blickend, mit einer unnachahmlich unschuldsvollen Stimme bemerkte:

»Ich möchte wissen, ob Lechat immer noch seinen Rausch von gestern abend ausschläft.«

Jojo zuckte zusammen, vermied es aber, sich umzudrehen. Was Mr. Pyke betraf, so konnte all seine gute Erziehung nicht verhindern, daß sich ein leichtes Erstaunen in seinen Zügen verriet. Trotzdem sagte er ganz harmlos:

»Ich habe ihn eben gesehen, wie er an Bord der ›Cormoran‹ ging. Er wird wohl auf Ginette warten.«

Maigret hatte ebensowenig Marcellins Beerdigung vergessen.

Schlimmer war es, fiel ihm plötzlich ein, daß er am Abend vorher lange und sogar etwas zu eifrig mit seinem Inspektor darüber gesprochen hatte. War Mr. Pyke bei der Unterhaltung dabeigewesen? Er hätte es nicht sagen können, aber er sah sich wieder dort auf der Bank sitzen.

»Du wirst sie begleiten, mein Lieber, hörst du? Ich will nicht behaupten, daß uns das irgendwie weiterbringt. Vielleicht wird ihr Verhalten irgendeinen Fingerzeig geben, vielleicht auch nicht. Vielleicht wird jemand versuchen, ihr etwas zuzuflüstern. Vielleicht wirst du jemand in dem Trauergefolge entdecken, dessen Anwesenheit gewisse Schlüsse zuläßt. Man muß immer zu Beerdigungen gehen, das ist ein alter Grundsatz, der mir oft Erfolg gebracht hat. Mach die Augen auf. Weiter nichts.«

Er glaubte sich sogar zu erinnern, dem Inspektor, den er dabei die ganze Zeit duzte, von zwei oder drei Beerdigungen erzählt zu haben, die ihn auf die Spur von Verbrechern gebracht hatten.

Er begriff jetzt, warum Ginette in ihrem Zimmer soviel Lärm machte. Er hörte, wie sie oben die Tür öffnete und herunterrief:

»Bring mir eine Tasse Kaffee, Jojo. Wieviel Zeit habe ich noch?«

»Drei Minuten!«

Genau in diesem Augenblick pfiff auf der ›Cormoran‹ eine Sirene zum Zeichen, daß das Schiff gleich abfahren würde.

»Ich gehe zum Landungssteg«, sagte der Kommissar.

In Pantoffeln und ohne Kragen, denn es war zu spät, um noch hinaufzugehen und sich anzuziehen. Aber er war nicht der einzige, der so mangelhaft bekleidet war. Vor dem Schiff standen kleine Gruppen, dieselben wie am Tage vorher, als Maigret angekommen war. Sie schienen jeder Ankunft und Abfahrt eines Schiffes beizuwohnen. Bevor sie ihren Tag begannen, sahen sie zu, wie die ›Cormoran‹ den Hafen verließ und hinterher tranken sie, ehe sie sich richtig anzogen, ein Glas Weißwein bei Paul oder in einem der anderen Lokale.

Der Zahnarzt, weniger diskret als Mr.



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