Maigret 16 by Simenon

Maigret 16 by Simenon

Autor:Simenon
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-05T05:00:00+00:00


7

Samuel

D

ie beiden Meldungen kamen fast zur selben Zeit, am Abend, kurz vor dem Besuch des Chirurgen. Zuerst das Telegramm aus Algier.

Dr. Rivaud in Krankenhäusern unbekannt. Herzlichst Martin.

Maigret hatte es kaum geöffnet, als Leduc eintrat, ohne dass er seinen Kollegen zu fragen wagte, was er las.

»Sieh dir dies mal an.«

Er las das Telegramm, schüttelte den Kopf, seufzte:

»Natürlich.«

Und seine Geste sagte: Natürlich darf man nicht erwarten, dass etwas an dieser Geschichte einfach ist. Wir werden im Gegenteil bei jedem Schritt auf neue Hindernisse stoßen, und ich habe nur allzu recht, wenn ich sage, das beste ist, du kommst zu mir.

Madame Maigret war ausgegangen. Trotz der Dämmerung dachte Maigret nicht daran, das Licht anzuknipsen. Die Laternen auf dem Platz brannten, und er liebte es zu dieser Stunde, ihre regelmäßige Girlande zu sehen. Er wusste, dass das Licht zuerst im zweiten Haus links von der Garage angehen und er im Schein der Lampe eine Schneiderin sehen würde, die sich wie immer über eine Arbeit beugte.

»Die Polizei hat auch eine Neuigkeit«, murmelte Leduc.

Er war verlegen. Er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass er gekommen sei, um Maigret auf dem laufenden zu halten. Vielleicht war er sogar ausdrücklich darum gebeten worden, Maigret über den Stand der Ermittlungen im unklaren zu lassen.

»Samuel betreffend?«

»Ja. Erstens ist der Strafregisterauszug eingetroffen, und dann hat Lucas, der seinerzeit mit dem Fall befasst war, von Paris aus angerufen und einige Einzelheiten mitgeteilt.«

»Erzähl.«

»Man weiß nicht genau, woher er stammt. Aber es gibt gute Gründe zu glauben, dass er in Polen oder in Jugoslawien geboren ist. Irgendwo dort jedenfalls. Ein schweigsamer Mann, der seine Angelegenheiten gern für sich behielt. In Algier hatte er ein Büro. Rate, was für eins!«

»Irgend etwas Undurchsichtiges bestimmt.«

»Einen Briefmarkenhandel.«

Und Maigret war entzückt, weil das wunderbar zu dem Mann im Zug passte.

»Ein Briefmarkenhandel, hinter dem sich etwas anderes verbarg, wie man sich denken kann. Und er hat das so geschickt angestellt, dass die Polizei nichts davon gemerkt hat und ein doppeltes Verbrechen geschehen musste, bis... Ich wiederhole in großen Zügen, was Lucas am Telefon gesagt hat. Das besagte Büro war eine der größten Werkstätten für die Herstellung von falschen Pässen und vor allem von falschen Arbeitsverträgen. Samuel hatte Mitarbeiter in Warschau und Wilna, in Schlesien und Istanbul.«

Die Dämmerung war jetzt ganz blau. Die Häuser hoben sich weiß davon ab. Unten war die Aperitifstunde, bei der es immer ziemlich lebhaft zuging.

»Seltsam«, sagte Maigret.

Aber was er seltsam fand, war nicht Samuels Beruf, sondern dass in Bergerac Fäden endeten, die einst zwischen Warschau und Algier geknüpft worden waren.

Und vor allem, dass man von einer rein lokalen Affäre, einem Kleinstadtverbrechen ausgehend auf die internationale Gaunerwelt stieß.

Leute wie Samuel waren ihm zu Hunderten in Paris und anderswo begegnet, und stets hatte er sie mit einer gewissen Neugier studiert, in die sich nicht gerade Abscheu, aber doch Unbehagen mischte, als bildeten sie eine Welt für sich.

Individuen, die man als Barmixer in Skandinavien, als Gangster in Amerika, als Besitzer von Spielhöllen in Holland oder sonstwo, als Kellner oder Theaterdirektoren in Deutschland, als Geschäftsleute in Nordafrika antrifft...

Und hier, angesichts



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