Luther und der Pesttote by Jasmund Birgit

Luther und der Pesttote by Jasmund Birgit

Autor:Jasmund, Birgit
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2016-04-18T00:00:00+00:00


2. Teil Von Mitte September 1517 bis Januar 1518

Kapitel 1

Sie feilschte gerade auf dem Markt mit einem Bauern um Sellerie, als sie den Mann aus dem Augenwinkel bemerkte. Er hatte ausgesehen wie … Almuth schaute genauer hin, aber der Mann war in der Menge verschwunden. Sie bezahlte zu viel für den Sellerie, raffte das Gemüse in ihren Korb und machte sich auf die Suche.

Nach einigem Spähen entdeckte sie ihn, zusammen mit einem anderen Mann. Die beiden sahen sich auf dem Markt um, als wären sie zum ersten Mal in der Stadt. Ihre grobgewebten graubraunen Kittel und Hemden wiesen sie als Bauern aus. Dennoch war an dem einen etwas … Almuth wollte sein Gesicht sehen, aber er hatte ihr den Rücken zugekehrt. Einstweilen sah sie von ihm nur, dass seine linke Schulter höher stand als die rechte und dass er eine merkwürdig unförmige Kappe auf dem Kopf trug. Er sagte gerade etwas zu dem anderen, älteren Mann. Der zuckte mit den Schultern. Eine Frau schien auch noch dazuzugehören, sie stand bei den beiden, schwieg jedoch. Der Ältere redete nun auf den Jüngeren ein. Dieser drehte den Kopf, und unter seiner Kappe schauten dunkle lockige Haare hervor. Almuth umrundete die kleine Gruppe, bis sie den Männern ins Gesicht sehen konnte. Die Haut des Älteren war wettergegerbt. Die unförmige Kappe des anderen stellte sich als Verband heraus, der sein halbes Gesicht und ein Auge bedeckte. Das andere Auge war gerötet und von einem dunklen Schatten umgeben. Dennoch stockte ihr der Atem.

Tamme! Das war Tamme!

Zwar gab es Unterschiede: Das Haar war länger, ums Kinn wucherte ein Bart. Außerdem war er abgemagert, das Bauernhemd und die Hose schlotterten um seine Gestalt, und das Gesicht war unter dem Verband kaum zu erkennen. Er trug keine Schuhe, und seine Füße sahen zerschunden aus, als wäre er Meilen um Meilen barfuß gelaufen. Aber die Haltung und etwas im Blick des jungen Mannes verrieten ihr, dass dieser Mann Tamme war. Kein Zweifel. Der Korb mit dem Gemüse fiel ihr aus der Hand. Sie wollte auf ihren Verlobten zulaufen, sich in seine Arme werfen. Einen Kuss auf seine Lippen drücken und sich nicht um Zuschauer kümmern.

»Tamme.« Der Name kam nur sehr leise über ihre Lippen.

Er hörte sie nicht. Sie hob eine Hand, um ihm zu winken. In diesem Augenblick kreuzten sich ihre Blicke. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Es war ernst, beinahe verzweifelt. Tamme, ich bin deine Verlobte, wollte sie rufen, aber die Art, wie seine Augen über sie hinweggewandert waren, verschloss ihr den Mund. Er wandte sich ab, und ging mit seinen beiden Begleitern über den Markt davon.

Almuth folgte ihnen. Sie schlugen den Weg zum Schwarzen Kloster der Augustinereremiten ein, dabei kamen sie an der Buchdruckerwerkstatt Gronenberg vorbei. Dabei warf Tamme nicht einen Blick auf das Haus. Der ältere Mann pochte an die Klosterpforte, und nach einem kurzen Gespräch wurden sie eingelassen, während die Frau draußen wartete. Sie schaute an der Fassade des Klosters empor. Zweifel machten sich in ihrem Gesicht breit. Vorsichtig näherte sich Almuth ihr.

»Gute Frau, darf ich Euch eine Frage stellen?«, fragte sie leise.



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