Logbuch des Lebens by Steinbeck John

Logbuch des Lebens by Steinbeck John

Autor:Steinbeck, John [Steinbeck, John]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Querschnitt des Litorals: Die Gespenstergarnele, auch Langusta genannt, fand sich allenthalben. Unser Feind, der stechende Wurm, lehrte uns auf unsere Finger aufpassen. Der große Mürbstem hielt sich unter alten Korallen auf, war aber weniger zahlreich als in Espirítu Santo vertreten. Verschiedenartige Schwämme hafteten an Felsen, in deren Rissen sich schmucke Krebslein versteckten. Prachtvolle violette Polycladeen-Würmer krochen über Tunikaten wie über einen Rasen. Die riesige austernartige Hacha war selten, doch einige wenige Exemplare bekamen wir, ferner etliche ausgewachsene Porites-Korallen; von zwei graziösen Asteroiden die größere, schönere eine Phataria; mindestens drei Typen Seeanemonen, einige Keulen-Igel, Schnecken und viele Hydroiden. Einige Nacktschnecken hatten sich bis zu völliger Unsichtbarkeit mit Algen und Hydroiden maskiert. Wir fanden den wurmförmigen Gastropoden Aletes, viele zweischalige Muscheln, darunter die bohrende Lithophaga plumula, die einer Erdnuß ähnelt, viele leuchtend orangene Nudibranchien, Einsiedlerkrebse, Tunikaten, Flachwürmer, die wie Gelatin über die Steine flossen; Sipunkuliden, zahlreiche Schüsselschnecken, einige Sonnensterne (Heliaster), doch weniger und kleinere als am Cabo San Lucas.

Mit vollen Händen kamen unsere Buben immer von neuem angerannt, und bald waren Eimer und Tuben gefüllt. Längst waren unsere Zehn-Centavos-Stücke aufgebraucht, so daß unsere kleinen Helfer jeweils einen Zehnerverband zum Wechseln eines Silberpesos bilden mußten. Wegen der späteren Verteilung der eingewechselten Münzen hegte keiner ein Mißtrauen gegen den andern. Dazu waren sie nicht zivilisiert genug. Sie hatten noch nicht gelernt zu betrügen. Und das ist für einen Kulturmenschen doch so wichtig.

Das Bubenvolk von La Paz ist unglaublich zahlreich, und wir standen mit einem Großteil desselben in regem Geschäftsverkehr. Kaum waren wir zur Western Flyer zurückgekehrt und eben dabei, unsere Spezimina auszubreiten, als ein neuer Ansturm erfolgte. Es hatte sich herumgesprochen, im Hafen seien ein paar Verrückte, die für Ungeziefer, das jedes kleine Kind am Strand auflesen kann, horrende Summen bezahlten, und nun kamen die Kinder in Kähnen, Einbäumen, Flachbooten; viele schwammen sogar herüber, und alle brachten was mit. Einiges konnten wir brauchen, anderes nicht, was die betreffenden Überbringer betrübte, jedoch nicht empörte. Sie ruderten, paddelten oder schwammen wieder zurück, überfluteten das Ebbegebiet, fanden sich abermals ein und mit ihnen zahlreiche Neue. Am folgenden Tag erschienen sogar die Kinder aus dem nahen Gebirge und präsentierten uns alles, was irgendwie krabbelte. Was wir an Land zu erledigen hatten, setzte weitere Buben in Nahrung. Sie trugen Pakete, machten Botengänge, zeigten uns den Weg (meist falsch) und suchten uns jeden Wunsch an den Augen abzulesen. Da war aber einer, der tat sich besonders hervor. Er war uns gleich aufgefallen. Seine Schultern waren nicht schlank wie die der übrigen, sondern breit, und in seiner Gesichtsbildung, seiner Miene lag etwas germanisches oder angelsächsisches. Während die andern Buben nur an das ihnen Aufgetragene und die Bezahlung dachten, suchte er das Verlangen nach neuen Dingen in uns zu wecken, erfand Bedürfnisse, die nicht vorhanden waren, und suchte sich unentbehrlich zu machen. Bis spät in die Nacht wartete er auf uns und stand bei Tagesanbruch schon wieder auf Deck. Und als ob ihn die andern fürchteten, räumten sie plötzlich das Feld.

Der Junge wird eines Tages ein reicher Mann und La Paz stolz auf ihn sein.



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