Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren by Sinclair Alison

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren by Sinclair Alison

Autor:Sinclair, Alison
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Egmont vgs Verlagsgesell.
veröffentlicht: 2011-08-29T04:00:00+00:00


7

Tammorn

Tam fiel auf die Knie und schnappte nach Luft, als Lukfers chaotische Magie sich aus seiner entwirrte. Wie durch ein Wunder lebte er noch und war unversehrt geblieben – weder war er auf dem Rasen zerschmettert, noch steckte er knietief im Sand dieser Spielzeugwüste, und er war zum Glück auch nicht mit einem der Wachmänner oder Diener zusammengeprallt, die in der sonnenbeschienenen Ecke beieinander standen. Ohne nachzudenken schwang er seine Magie, stieß sie alle beiseite und konnte endlich einen Blick auf Fejelis werfen, der regungslos bäuchlings auf dem Boden lag und aus dessen Rücken ein hölzerner Bolzen ragte. Direkt neben seinem Kopf kauerte Orlanjis, gegen die Balustrade gedrängt, mit panisch verzerrter Miene – er wollte es einfach nicht wahrhaben. Doch noch bevor Tam Fejelis sah, spürte er die faulige Aura des Bolzens – diesmal etwas, das nicht angefertigt worden war, um Lampen auszulöschen, sondern das Leben an sich.

Die Magierwache, die neben Fejelis gekniet hatte, wehrte sich gegen den Druck von Tams mächtigeren Kräften und schrie ihm etwas zu, was er jedoch ebenso ignorierte wie das nutzlose Geflatter ihrer Magie. Später erzählte man Tam, er habe den gesamten Balkon angehoben. Er wusste nur noch, dass er sich über Fejelis gebeugt wiedergefunden und ihm den blutigen Stoff rings um den Bolzen weggerissen hatte, während seine Magie gleichzeitig an dem tödlichen Zauber zerrte. Dann spürte er entsetzt, wie sein eigenes Herz plötzlich ins Stocken geriet, seine Hände taub wurden und der Bolzen sich vor seinen Augen verdunkelte, als sich dessen Magie nun seine Lebensenergie vornahm.

Bis Lukfer ihm zu Hilfe kam und den Kern der Magie mit einer geübten Drehung aushakte.

Der Bolzen hatte Fejelis’ Lunge durchbohrt und steckte in einer Rippe. Da die Spitze aus Elfenbein bestand, konnte sie von Fejelis’ Talisman zum Schutz vor Metallkugeln genauso wenig abgewehrt werden wie das Holz des Bolzens. Zudem war sie mit Widerhaken versehen, um das Fleisch zu zerreißen, sobald der Bolzen herausgezogen wurde. Tam knurrte und fühlte, wie das Holz durch die Schwingungen vibrierte, sich dann verbog und verdorrte wie ein Stock im Feuer und schließlich auch die Widerhaken zusammenschrumpften. Er zog den Bolzen heraus und warf ihn beiseite; er wusste nicht, wohin oder zu wem, und es war ihm auch egal. Fejelis drohte, an seinem Blut zu ersticken – ein grässlich vertrautes Geräusch. ›Lukfer!‹ Trotz der Gefahr griff er nach dem anderen Magier und spürte, wie eine wahre Flut an Lebensenergie in ihn einströmte. Mit diesem Übermaß an Energie machte er sich fieberhaft daran, die Blutgefäße zusammenzupressen, das geschädigte Gewebe zusammenzuziehen, das Blut aus Fejelis’ Lungen und Luftröhre zu entfernen und die verletzte Haut zu schließen, wobei er dermaßen schroff über die Wunde wischte, dass sie flimmerte wie die Luft über heißer Milch. Dann zog er Fejelis auf seinen Schoß.

»Lappen«, krächzte er. Irgendjemand reichte ihm ein Tuch, und nachdem er Fejelis umgedreht hatte, wischte er ihm das Blut von Lippen und Wangen und aus seinem blonden Haar. Tam nahm kaum wahr, dass es nicht Fejelis’ Name war, den er flüsterte, sondern der seines vor Jahren verstorbenen jüngeren Bruders.



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