Lesereise Emilia Romagna by Stefanie Bisping

Lesereise Emilia Romagna by Stefanie Bisping

Autor:Stefanie Bisping
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien
veröffentlicht: 2014-12-23T05:00:00+00:00


Eine Stadt voller Genüsse

Parmesan, Lambrusco und der einzig wahre Balsamico-Essig: Modena ist für Feinschmecker ein ganz besonderes Stück vom Himmel

»Es gibt sicherlich eine subtile, unausgesprochene Verbindung zwischen einem aus voller Brust geschmetterten hohen C und einer schmackhaft geschmorten Hühnerbrust«, so steht es in einem lokalen Kochbuch zu lesen. So etwas können nur Italiener behaupten und insbesondere dann, wenn von der Heimat des legendären Luciano Pavarotti die Rede ist. Modena scheint ein Monopol auf italienische Exporthits zu besitzen: Ferrari, Lamborghini, Maserati, Lambrusco, der berühmte, ebenso häufig wie vergebens kopierte aceto balsamico tradizionale di Modena und eben jener Tenor, der als Aushängeschild der örtlichen Esskultur mindestens so verehrt wurde wie aufgrund seiner Verdienste um die Oper – sie alle haben ihren Ursprung in der Provinzhauptstadt, die alles hat, was gut und teuer ist. Ihre Einwohner sind sicher, dass zwischen all dem ein Zusammenhang besteht, und daher besaß der große Pavarotti hier auch ein eigenes Gourmet-Restaurant. Modenas Küchenchefs zaubern auf dem Niveau eines rein getroffenen dreigestrichenen C und der Ferrari erfüllt seine wahre Bestimmung erst, wenn er sonntags aufs Land in Richtung eines guten ristorante gelenkt wird.

»Es ist zum Teil Liebhaberei, zum Teil eine Krankheit«, erklärt Eugenio Barbieri, Inhaber der Essigmanufaktur Acetaia del Cristo, und beugt sich über ein kleines Fass, das mit dem Allerheiligsten gefüllt ist: fünfundzwanzig Jahre altem aceto balsamico tradizionale di Modena. Aus purem Gewinnstreben wendet sich jedenfalls wohl niemand der Herstellung eines Produkts zu, das frühestens nach zwölf Jahren erste Verkäufe erlaubt. Denn so lange muss der einzig wahre Balsamessig reifen. Die Herstellung ist ebenso aufwendig wie langwierig: Für einen Liter des fünfundzwanzig Jahre alten extravecchio benötigt man mehr als hundert Kilogramm Trebbianotrauben. Der wahre aceto basiert – anders als das industriell gefertigte Imitat, das nicht den Zusatz »tradizionale« im Namen führen darf – nicht auf Alkohol, sondern wird ausschließlich aus biologisch angebauten Trauben gewonnen. Diese dürfen laut dem Herstellerverband für traditionellen Balsamessig, der über höchste Qualität wacht und nichts zur Abfüllung zulässt, was nicht den Ansprüchen von fünf ausgebildeten, anonymen Juroren genügt, nur aus der Umgebung stammen. Der vor der Gärung aufgekochte Most wird in Fässer aus Eichen-, Kastanien-, Kirsch- oder Wacholderholz gegeben, die dem Essig Aroma verleihen, und mit zunehmender Verdunstung jedes Jahr in kleinere Fässer umgefüllt. Auch dabei wird wenig dem Zufall überlassen. »Der Vollmond im Juni ist der ideale Zeitpunkt zum Umfüllen«, weiß Pedroni.

Um das traditionelle Herstellungsverfahren und die Existenz der Produzenten zu schützen, hat die Europäische Union eine Bestimmung erlassen, laut der nur jener Essig den Zusatz »di Modena« tragen darf, dessen Säuregehalt im Naturverfahren zustande kommt, ohne dass Luft zugesetzt wird, dessen Grundstock mindestens zehn Jahre alt und der im Holzfass gereift ist. Alles andere heißt schlicht »Aceto Balsamico«.

Hegt ein Hersteller die Hoffnung, sein Essig könne fertig sein, bringt er ihn nach Modena zur Prüfung. Wird das Erzeugnis abgenommen und in die Hundert-Milliliter-Fläschchen mit Banderole und Siegel des Herstellerverbands abgefüllt, gelangt es in den Verkauf – meist um die fünfzigtausend Flaschen. Mancher Erzeuger stellt auch nur ein paar Dutzend Flaschen her. Zwar wird



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