Lasst Knochen sprechen by Kathy Reichs

Lasst Knochen sprechen by Kathy Reichs

Autor:Kathy Reichs [Reichs, Kathy]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
veröffentlicht: 2011-11-17T23:00:00+00:00


21

Was polizeiliche Aufgaben angeht, ist die Communauté Urbaine de Montréal in vier Sektionen unterteilt, jede mit einer Zentrale, in der sich Interventions-, Analyse- und Ermittlungsabteilungen befinden, außerdem ein Untersuchungsgefängnis. Verdächtige, die wegen Mordes oder Sexualverbrechen verhaftet wurden, sind in einer Einrichtung in der Nähe der Place Versailles im äußersten Osten der Stadt untergebracht. Alle anderen warten in einem der vier Sektionsgefängnisse auf ihre Vernehmung zur Anklage. Für den Besitz von Methedrin kam Dorsey in die für seine Gegend zuständige Einrichtung, das Op South.

Die Op-South-Zentrale liegt an der Rue Guy und dem Boulevard René Levesque am Rand von Centre-ville. Die Gegend ist vorwiegend französisch und englisch, es wird aber auch Mandarin, Estnisch, Arabisch und Griechisch gesprochen. Sie ist separatistisch und föderalistisch. Vagabunden und Wohlhabende gibt es dort, Studenten und Börsenmakler, Immigranten und »pure laine québécoise«, waschechte Quebecer.

Op South bedeutet Kirchen und Bars, Boutiquen und Sex-Shops, ausgedehnte Privatresidenzen und kleine Wohnungen ohne Fahrstuhl. Die Morde an Emily Anne Toussaint und Yves »Cherokee« Desjardins hatten dort stattgefunden.

Als ich von der Guy in den Parkplatz einbog, musste ich durch eine Gruppe hindurchfahren, die Plakate schwenkte und Anstecker trug. Sie breitete sich vom Nachbargebäude her über den Bürgersteig aus – Arbeiter, die für mehr Lohn demonstrierten. Viel Glück, dachte ich. Vielleicht war es die politische Instabilität, vielleicht die kanadische Wirtschaft im Allgemeinen, aber die Provinz Quebec steckte in einem finanziellen Engpass. Budgets wurden gekürzt, öffentliche Leistungen beschnitten. Ich hatte seit sieben Jahren keine Gehaltserhöhung erhalten.

Ich trat durch den Haupteingang und ging zu einer Empfangstheke rechts von mir.

»Ich bin hier, um George Dorsey zu sehen«, sagte ich zu der wachhabenden Beamtin. Sie stellte ihren Kuchen ab und betrachtete mich gelangweilt.

»Stehen Sie auf der Liste?«

»Temperance Brennan. Der Gefangene hat um meinen Besuch gebeten.«

Sie rieb sich die Krümel von ihren fleischigen Händen und tippte dann etwas in den Computer. Das Licht spiegelte sich in ihren Brillengläsern, als sie sich vorbeugte, um etwas vom Monitor abzulesen. Text rollte Linsen herunter, stoppte, und dann redete sie weiter, ohne den Blick zu heben.

»Carcajou?« Ralph Nader hätte nicht skeptischer klingen können.

»Hm.« Das meinte zumindest Le Journal.

»Können Sie sich ausweisen?«

Sie hob den Blick, und ich zeigte ihr meinen Sicherheitsausweis für das SQ-Gebäude.

»Keine Marke?«

»Das war gerade bei der Hand.«

»Sie müssen hier unterschreiben und Ihre Sachen hier lassen.«

Sie blätterte in einem Buch, schrieb etwas und gab dann mir den Stift. Ich kritzelte die Zeit und meinen Namen hin. Dann zog ich die Handtasche von der Schulter und reichte sie ihr über die Theke.

»Jetzt dauert’s ‘nen Moment.«

Madame Napfkuchen verstaute meine Tasche in einem Metallschrank, griff dann zum Telefon und sprach ein paar Worte. Zehn Minuten später wurde in der grünen Metalltür links von mir ein Schlüssel umgedreht, dann ging sie auf, und ein Wärter winkte mich zu sich. Er war dürr wie ein Skelett, die Uniform hing an seinen Knochen wie Kleider auf einem Bügel.

Ein zweiter Wärter tastete mich mit einem Metalldetektor ab und bedeutete mir dann, ihm zu folgen. Schlüssel klirrten an seinem Gürtel, als wir nach rechts in einen Korridor abbogen, der von Neonröhren erhellt und mit Decken- und Wandkameras überwacht wurde.



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