Land der Mythen 04 - Das vierte Buch (German Edition) by Peinkofer Michael

Land der Mythen 04 - Das vierte Buch (German Edition) by Peinkofer Michael

Autor:Peinkofer, Michael [Peinkofer, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-19T22:00:00+00:00


65

Alphart hätte nicht zu sagen vermocht, wann die Stimme verstummt war, aber als der Wildfänger erneut zu sich kam, hörte er sie nicht mehr. Der strenge Geruch umgab ihn noch immer, aber er hatte nachgelassen, ebenso wie der brennende Schmerz in seiner Seite. Dafür fühlte der Jäger bleierne Müdigkeit, und es kostete ihn alle Überwindung, die Augen zu öffnen. Nur mit Mühe gelang es ihm – und er erlebte eine Überraschung.

Schummriges Halbdunkel umgab ihn, das nur vom Flackern eines Feuers erhellt wurde. Tote Augen blickten auf ihn herab: Ein Adler, ein Wolf und ein Luchs starrten ihn an, obwohl das Leben längst aus ihnen gewichen war. Benommen fuhr Alphart hoch und sah zu seinem Erstaunen seine Gefährten neben sich liegen.

Leffel.

Erwyn.

Urys.

Walkar.

Sie lagen in tiefer Bewusstlosigkeit und schienen nichts zu wissen von den wilden Tieren, die über ihnen lauerten. Alphart wollte sie wecken, um sie vor den Bestien zu warnen, aber nicht mehr als ein heiseres Krächzen kam ihm über die Lippen.

Dann fühlte der Jäger, wie er von hinten gepackt und zurück auf sein Lager gezogen wurde. Er wollte schreien, aber kaum hatte er den Mund geöffnet, schüttete man ihm etwas in den Schlund. Das Zeug schmeckte gallebitter, und Alphart würgte daran. Dennoch flößte man ihm das Gebräu weiter ein, sodass er den Widerstand aufgeben musste, wollte er nicht ersticken. Also schluckte er die Flüssigkeit, von der er nicht wusste, ob sie Gift war oder Arznei. Mit einiger Bestürzung stellte er fest, dass es ihm im Grunde gleichgültig war – und schon im nächsten Augenblick hatte er wieder das Bewusstsein verloren.

Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich ungleich besser. Die Schmerzen in seinen Rippen hatten deutlich nachgelassen, der bittere Geschmack war von seiner Zunge gewichen. Wie viel Zeit war seit seinem letzten Erwachen vergangen?

Eine Stunde?

Ein Tag?

Eine Woche?

Alphart hatte jedes Zeitgefühl verloren.

Jäh entsann er sich seiner Gefährten. Er stemmte sich auf den Ellbogen nach oben, schaute sich nach ihnen um – nur um festzustellen, dass sie verschwunden waren!

Die Wolfsfelle neben ihm waren leer.

Aber waren seine Gefährten jemals wirklich hier gewesen? Oder hatte Alphart es sich in seinem Fieberwahn nur eingebildet?

Jäh erinnerte er sich an die blicklosen Augen und schaute alarmiert nach oben. Im nächsten Moment schalt er sich einen Narren, denn die ach so gefährlichen Tiere stellten sich als Jagdtrophäen heraus. Ein ausgestopfter Adler und ein Luchs sowie ein Wolfsfell samt Schädel zierten die Höhlenwand. Das Feuer war heruntergebrannt, das spärliche Licht drang vom Eingang her, der von einem Fell nur unzureichend bedeckt war.

Argwöhnisch blickte Alphart an sich herab, aber da waren keine Fesseln, die ihn hielten, lediglich eine Decke aus Bärenfell, die über seinen nackten Körper gebreitet war.

Sein Verlangen, herauszufinden, wohin es ihn verschlagen hatte, wurde plötzlich übermächtig. Schwerfällig richtete er sich auf, und indem er die Zähne zusammenbiss und das Hämmern in seinem Schädel ignorierte, gelang es ihm, sich auf die Beine zu raffen. Wankend stand er da, zum ersten Mal nach wie langer Zeit? Seine Knie waren weich und seine Oberschenkel zitterten, aber mit eisernem Willen zwang er sich, in Richtung Ausgang zu stapfen.



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