Labyrinth der Masken by Leonardo Padura

Labyrinth der Masken by Leonardo Padura

Autor:Leonardo Padura [Padura, Leonardo]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Havanna, Karibik, Kriminalroman, Kuba, Mario Conde, Spannung
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-11-18T16:00:00+00:00


4

Da war das Gesicht. Er konnte es fast sehen und, wenn er den Arm ausstreckte, sogar berühren. Doch seine Augen und seine Hände rutschten entkräftet ab, verfingen sich in Schleiern und verhedderten sich in klebrigen Netzen. Plötzlich lösten sich die Schlingen und ließen ihn frei, er konnte sich dem Gesicht nähern, wollte es schon berühren, nur um dann erneut eingefangen und fortgetragen zu werden. Die Vision entzog sich ihm endgültig, löste sich in einer sonnenhellen Wolke auf, wurde von einem schmutzigen Fluss davongespült.

Das Läuten des Telefons riss ihn aus dem Schlaf. Sein Puls raste, sein Körper war von erbärmlichem Angstschweiß bedeckt. Ich kenn das Gesicht, natürlich kenn ich es, sagte er sich auf halbem Wege zwischen Traum und Wirklichkeit. Und dann wurde ihm klar, wo er sich befand und was da läutete, durchdringend und brutal wie die Sonne, die durch die Fenster knallte und das Zimmer die bereits unerträgliche Hitze des neuen Tages spüren ließ. »Verfluchte Scheiße«, schimpfte er und kroch zum Telefon, die Augen geblendet von der Helligkeit. Er nahm den Hörer ab und fragte in die Muschel: »Wie spät ist es?«

»Zehn nach neun, Conde«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung oder der Welt. »Zehn nach neun«, wiederholte sie.

»Scheiße, Manolo, ich hab den Wecker nicht gehört. Oder ich hab ihn gar nicht gestellt. Keine Ahnung …«

»Wann warst du gestern im Bett?«

»So gegen vier.«

»Alkoholspiegel?«

»Kaum, grad mal zwei Gläschen.«

»Gott sei Dank! Es gibt nämlich Ärger. Salvador K ist seit gestern Nachmittag verschwunden.«

Das rüttelte den Teniente endgültig wach. »Wie, verschwunden?«

»El Greco und Crespo haben ihn beschattet. So gegen fünf ist er von zu Hause weggegangen, in Richtung Atelier, sagen sie. Und dann ist er in einem Haus Ecke 19. und A verschwunden. Sie haben mehr als eine Stunde gewartet und dann festgestellt, dass die Garage neben dem Haus einen zweiten Ausgang zur 21. Straße hat. Salvador hatte sich in Luft aufgelöst, war weder in dem Haus noch in seinem Garagenatelier.«

»Haben sie schon mit seiner Frau gesprochen?«

»Ja, aber die konnte ihnen nichts weiter sagen, nur dass er ins Atelier wollte.«

El Conde zündete sich eine Zigarette an, um sich den letzten Schlaf aus dem Hirn zu pusten. Und plötzlich erinnerte er sich: »Hör mal, Manolo, ich hab was ganz Komisches geträumt. Der Mörder war direkt vor mir, aber ich konnte ihn nicht sehen. Du kennst ja solche Träume, oder? Ich hatte das Gefühl, ihn zu sehen, konnte ihn aber nicht erkennen. Er hatte so was wie ’ne Maske auf … Leck mich am Arsch, das verfolgt mich richtig, die Transvestiten, die Transfiguration und die verlorenen Seelen und der ganze Scheiß.«

»War es vielleicht Salvador?«

»Weiß ich nicht, Manolo, weiß ich nicht. Aber ich bin davon überzeugt, dass ich ihn kenne. Ich weiß nicht warum, aber ich bin mir da ganz sicher … Hör mal, fahr zu seiner Frau und red mit ihr. Setz sie unter Druck, aber übertreibs nicht. Und dann komm mich abholen, so um … na ja, wenn du mit ihr geredet hast.«

Mario Conde legte auf und schaute sich im Zimmer um,



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