Königliche Hoheit: Roman by Thomas Mann

Königliche Hoheit: Roman by Thomas Mann

Autor:Thomas Mann [Mann, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Germany -- Fiction, Courts and courtiers -- Fiction, German fiction
veröffentlicht: 2011-02-19T00:00:00+00:00


»Das höre ich ungern!« sagte Doktor Überbein scharf.

»Ja, ich konnte mir denken, daß Sie böse werden würden, Doktor Überbein. Sie nennen es gewiß eine Schlamperei. Und dann werden Sie gewiß von ›Schicksal und Strammheit‹ reden, wie ich Sie kenne. Aber gestern in der Oper habe ich bei einer bestimmten Stelle an Sie gedacht und mich gefragt, ob Sie eigentlich so ganz recht hätten in manchen Punkten …«

»Hören Sie, Klaus Heinrich, wenn ich mich nicht irre, so habe ich Euere Königliche Hoheit schon einmal sozusagen bei den Ohren wieder zu sich selber gebracht …«

»Das war etwas anderes, Doktor Überbein. Ach wenn Sie doch einsähen, daß das etwas ganz und gar anderes war! Das war im ›Bürgergarten‹, aber der liegt so weit zurück, und ich habe keinerlei Verlangen danach. Denn sie ist ja selbst … Sehen Sie, Sie haben mir früher manchmal erklärt, was Sie unter ›Hoheit‹ verstünden, und daß sie rührend sei, und daß man sich ihr mit zarter Teilnahme zu nahen habe, wie Sie sich ausdrückten. Finden Sie denn nicht, daß die, von der wir reden, daß sie rührend ist und daß man teil an ihr nehmen muß?«

»Vielleicht«, sagte Doktor Überbein. »Vielleicht.«

»Sie sagten oft, daß man die Sonderfälle nicht wegleugnen dürfe, das sei eine Schlamperei und eine liederliche Gemütlichkeit. Finden Sie denn nicht, daß sie auch ein Sonderfall ist, die, von der wir reden?«

Doktor Überbein schwieg.

»Und nun sollte ich wohl gar,« sagte er plötzlich mit schallender Stimme, »wenn es möglich wäre, dazu helfen, daß aus zwei Sonderfällen so etwas wie ein Allerweltsfall werde?«

Hierauf ging er. Er sagte, daß er zu seiner Arbeit zurückkehren müsse, wobei er das Wort »Arbeit« scharf betonte, und bat, sich zurückziehen zu dürfen. Er verabschiedete sich seltsam zeremoniös und unväterlich.

Klaus Heinrich sah ihn wohl zehn oder zwölf Tage nicht. Er lud ihn einmal zum Frühstück ein, aber Doktor Überbein ließ um gnädigste Entschuldigung bitten, seine Arbeit nähme ihn augenblicklich gar zu sehr in Anspruch. Schließlich kam er von selbst. Er war aufgeräumt und sah übrigens grüner aus als je. Er schwadronierte von diesem und jenem und kam dann auf Spoelmanns zu sprechen, indem er zur Decke blickte und sich bei der Gurgel ergriff. Alles was recht sei, sagte er, aber es sei ganz auffallend viel Sympathie für Samuel Spoelmann vorhanden, man spüre es überall in der Stadt, wie er beliebt sei. Erstens natürlich als Steuersubjekt, aber auch sonst. Man habe einfach Sinn für ihn, in allen Schichten, für sein Orgelspiel und seinen mißfarbenen Paletot und seine Nierenkoliken. Jeder Schusterjunge sei stolz auf ihn, und wenn er nicht so unzugänglich und verdrießlich wäre, würde man es ihm schon zu fühlen geben. Die Zehntausend-Mark-Spende für das Dorotheen-Spital habe natürlich den besten Eindruck gemacht. Sein Freund Sammet habe ihm, Überbein, erzählt, daß mit Hilfe dieser Schenkung umfassende Verbesserungen im Spital vorgenommen seien. Und übrigens, was ihm da einfalle! Die kleine Imma wolle ja morgen vormittag die Verbesserungen in Augenschein nehmen, habe Sammet erzählt. Sie habe einen von ihren Schwanverbrämten geschickt und angefragt, ob sie morgen willkommen sei. Eigentlich gehe sie ja das Kinderelend den Teufel etwas an, meinte Überbein, aber sie wolle vielleicht was lernen.



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