Klagelied auf einen Dichter by Michael Innes

Klagelied auf einen Dichter by Michael Innes

Autor:Michael Innes [Michael Innes]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
ISBN: 978-3-8321-8679-1
Herausgeber: Dumont


DRITTER TEIL

Aljo Wedderburn ermittelt

I.

Beginnen muß ich meinen Beitrag zu diesem Bericht über die kuriosen Begebenheiten auf Castle Erchany mit einem Geständnis. Von der ersten Minute an hatte ich meine größten Zweifel daran – Zweifel, von denen ich nicht guten Gewissens behaupten kann, daß die nachfolgenden Ereignisse sie ausräumten –, ob es tatsächlich, wie der junge Herr Gylby mich so großzügig begrüßte, »genau der rechte Mann« war, der da nach Erchany kam.

Diejenigen unter den Lesern, die mit den Institutionen der Jurisprudenz unserer Inseln vertraut sind, werden zweifellos wissen, daß die Edinburgher Anwaltskammer sich in der Regel und zur Erleichterung ihrer Mitglieder eher mit den stilleren und zeitloseren Aspekten unseres Rechtswesens beschäftigt, mit der im wahren Sinne gelehrsamen Seite des Rechts. Und ich darf in aller Bescheidenheit sagen, daß die Kanzlei Wedderburn, Wedderburn und McTodd ihren reichlichen Beitrag zu dieser ehrenwerten Tradition geleistet hat. Niemals drängen wir unsere Klienten, ihre Angelegenheiten allzu eilig vor den Richter zu bringen, denn was heute das Blut in Wallung bringt, ist morgen nichts als eine Dummheit, die schon halb vergessen ist, und Besonnenheit ist der Schlüssel zu jeder wahrhaft umsichtigen Rechtspraxis. So sind unsere Klienten denn auch nur selten den Unwägbarkeiten eines Rechtsstreites ausgesetzt, denn dem harmonischen und einträglichen Umgang von Rechtsberater und Auftraggeber kann es nur abträglich sein, wenn die geschätzten Kollegen von der Prozeßanwaltschaft hinzugezogen werden – ganz zu schweigen von den nicht unbeträchtlichen Forderungen finanzieller Natur, mit denen eine solche Prozeßvertretung in der Regel verbunden ist. Die wohltuende Solidität des Eigentumsrechts – eine Wissenschaft, die oft von größtem historischem Interesse ist – sowie die diskrete Abwicklung von Bankrotten, Unterhaltsforderungen, Fällen von Irrsinn und Unzurechnungsfähigkeit in den bedeutenden Familien Schottlands sind schon seit Generationen die Bereiche gewesen, in denen unsere Kanzlei in erster Linie tätig war. Was wir vor allen Dingen stets gemieden haben, das war das grelle Rampenlicht der Strafjustiz!

Nachdem diese Präambel vorausgeschickt ist – welche, darauf vertraue ich, zur Erklärung für jedes Mißverständnis, das sich noch ergeben mag, genügen wird –, will ich nun, um den Ausdruck zu gebrauchen, den auch mein geschätzter Freund Ewan Bell schon verwandte, in medias res gehen. Am Nachmittag jenes Weihnachtstages, der im Mittelpunkt der vorliegenden Chronik steht, begab ich mich, nachdem ich meine Familie zur Weihnachtsvorstellung ins Theater auf den Weg gebracht hatte – ein Freizeitvergnügen, dessen Popularität ich, das muß ich leider sagen, nie so recht verstanden habe – zum Burghügel und ließ mich in die Bibliothek der Anwaltskammer ein, wo ich mich in aller Ruhe einigen Stunden der Lektüre zu widmen gedachte: zumindest den einen oder anderen meiner Leser wird es interessieren, daß meine Monographie Streubesitz und Flurbereinigung in den schottischen Landgerichten des achtzehnten Jahrhunderts kurz vor der Fertigstellung steht. Ich war eben dabei, einen wertvollen Artikel des eminenten Dr. Macgonigle in der Scottish Historical Review zu lesen, als die Ankunft meines Fahrers mich unterbrach; er teilte mit, daß General Gylby mich in einer recht dringenden Angelegenheit habe sprechen wollen und nun bei mir zu Hause auf meine Rückkehr warte.

Gylby und ich waren in



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