Kastelau: Roman (German Edition) by Lewinsky Charles

Kastelau: Roman (German Edition) by Lewinsky Charles

Autor:Lewinsky, Charles [Lewinsky, Charles]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Nagel & Kimche AG
veröffentlicht: 2014-08-24T22:00:00+00:00


Interview mit Tiziana Adam

(8. Oktober 1986 / Fortsetzung)

Natürlich, der ganze Film war Schrott. Pausenlos nur heroisches Gesülze und ein Wasserfall nach dem andern. Aber diese eine Szene …

Wasserfall. Ich denke, du verstehst was vom Film. Wasserfall ist, wenn auf der Leinwand geweint wird. Die Maar war darin … Die beste Heulsuse der Welt. Aber ich war auch nicht schlecht. Weißt du, an was ich die ganze Zeit gedacht habe, während die Kamera auf mir drauf war? An die Uschi. Eine Friseuse bei der UFA.

Nein, die hatte nicht in dem Bus gesessen. Die war in Berlin geblieben. Soviel ich wusste, ging es ihr … Aber für mich war sie nicht mehr da, verstehst du? In Kastelau gab es niemanden, der mir die Haare nachblondieren konnte, Maskenbildner war ja nicht. Wir Frauen mussten alles selber … Die Männer natürlich auch, aber für die war das einfacher. Dem Werner zum Beispiel, dem habe ich die Haare geschnitten. Die Maar hatte Glück, zu ihrer Rolle gehörte hinten ein strenger Knoten, und fertig war die Gartenlaube. Aber ich … Das Blond hatte keinen Glanz mehr, und was nachwuchs, war natürlich rot. Und gerade diese Szene ohne den Trachtendeckel auf dem Kopf. Ich hatte das Gefühl, ich sehe aus wie … Da musste ich nur dran denken, und schon kamen mir die Tränen. Im Bild muss das toll gewirkt haben. Servatius war ganz begeistert.

Das Verrückte ist, dass ich die Aufnahmen nie gesehen habe. Den Film gibt es ja nicht mehr. Vielleicht bilde ich mir nur ein, dass ich gut war, und in Wirklichkeit war ich … Vielleicht wollte Servatius nur nett sein, als er mich gelobt hat. «Du hast eine große Zukunft vor dir», hat er gesagt. Eine große Zukunft, klar. Kaiserin von China bin ich geworden.

Das ist das erste Mal, dass du die Streichhölzer rausholst, noch bevor ich eine Zigarette im Mund habe. Du kennst mich schon ganz gut.

[Pause]

Es war die Art Szene, weißt du, wo du nicht das größte Naturtalent sein musst, um Effekt zu machen. Du schaust nur ins Objektiv … Nicht direkt ins Objektiv, immer ein ganz kleines bisschen dran vorbei. Den Tipp hat mir der Hauck gegeben, der Kameramann aus München. Du denkst an deine Friseuse, bemühst dich nicht zu blinzeln, und im Zuschauerraum heulen sie Rotz und Wasser. So eine Szene war das. Wo man eine Karriere damit begründen kann. Könnte.

Ich hab ja dann auch Karriere gemacht. Spiele immer noch die ganz großen Rollen. Jeden Abend ab achtzehn Uhr, montags geschlossen. [Singt] «Meine Herren, heute sehn Sie mich Gläser abwaschen …»

Weißt du, wen ich erwürgen könnte? Den Kerl, der die Mentholzigaretten erfunden hat.



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