Joyce, Rachel by Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Joyce, Rachel by Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Autor:Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-06-08T08:02:37+00:00


Im Lauf der Reise trat das Problem, wann und wie er Berwick erreichen würde, in den Hintergrund; Harold wusste ja, dass Queenie wartete, war sich dessen ebenso gewiss wie seines eigenen Schattens. Es machte ihm Freude, sich seine Ankunft auszumalen und wie sie dabei an ihrem Fensterplatz in einem sonnigen Sessel saß. Es gäbe so viel zu erzählen. So viel von früher. Er würde sie daran erinnern, dass sie einmal aus ihrer Handtasche ein Mars für den Heimweg hervorgeholt hatte.

»Sie mästen mich ja«, hatte er gesagt.

»An Ihnen ist doch gar nichts dran!«, hatte sie lachend erwidert.

Es war ein denkwürdiger Moment gewesen, nicht unangenehm oder gar unfreundlich, und von da an veränderte sich der Ton zwischen ihnen. Queenies Antwort verriet, dass sie Harold bemerkt hatte, und dass ihr an ihm lag. Seit diesem Tag hatte sie immer etwas Süßes für ihn dabei, und sie nannten sich beim Vornamen, auch wenn sie beim Sie blieben. Beim Fahren unterhielten sie sich ganz ungezwungen. Aber einmal hatten sie an einer Raststätte haltgemacht, und als sie sich an dem Laminattisch gegenübersaßen, versiegten die Worte.

»Wie nennt man zwei Küken?«, hörte er sie fragen. Da saßen sie wieder im Auto.

»Wie bitte?«

»Das ist ein Witz«, erklärte sie.

»Ach so. Schön. Ich weiß nicht. Wie denn?«

»Ein Paar Schlüpfer.« Sie schlug sich die Hand vor den Mund, schüttelte sich aber trotzdem vor unterdrücktem Lachen, dass ihr ein gewaltiger Pruster zwischen den Fingern entfuhr, und sie wurde puterrot. »Den mochte mein Vater besonders gern.«

Schließlich musste er anhalten, so sehr lachten sie. Er hatte die Scherzfrage am Abend David und Maureen gestellt, bei Spaghetti Carbonara, und sie hatten ihn bei der Pointe beide so ausdruckslos angestarrt, dass der Witz nicht lustig, sondern leicht geschmacklos erschien.

Harold und Queenie unterhielten sich oft über David. Ob sie sich auch daran noch erinnerte? Da sie selbst weder Kinder noch Neffen oder Nichten hatte, interessierte sie sich sehr für Davids Fortschritte in Cambridge. Wie gefällt David die Stadt?, fragte sie oft. Hat er viele Freunde gefunden? Fährt er gern mit dem Stechkahn? Harold versicherte ihr, dass David sich herrlich amüsierte, obwohl sein Sohn in Wirklichkeit auf Maureens Briefe und Anrufe selten antwortete. Von Freunden und vom Studieren erwähnte er nie etwas, von Stechkähnen schon gar nichts.

Harold erzählte Queenie nichts von den leeren Wodkaflaschen, die sich nach den Ferien im Gartenschuppen stapelten. Und das Cannabis im braunen Umschlag verschwieg er auch. Davon erzählte er niemandem, nicht einmal seiner Frau. Er packte das Zeug in eine Schachtel und warf es auf dem Weg zur Arbeit weg.

»Sie und Maureen müssen beide so stolz sein, Harold«, sagte Queenie immer.

Er ließ ihre gemeinsame Zeit in der Brauerei Revue passieren. Sie hatten sich nie viel mit den Kollegen abgegeben. Ob Queenie sich an das irische Barmädchen erinnerte, das behauptete, von Mr Napier schwanger zu sein, und ganz plötzlich von der Bildfläche verschwand? Es hieß, Napier habe dafür gesorgt, dass das Mädchen das Kind wegmachen ließ, und dabei sei es zu Komplikationen gekommen. Ein andermal hatte sich einer der neuen jungen Vertreter fürchterlich betrunken, und als er wieder zu sich kam, fand er sich ans Tor der Brauerei gefesselt, nackt bis auf die Unterhose.



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