Josi und die anderen by Lise Gast

Josi und die anderen by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-01-08T00:00:00+00:00


'Die Sorge überlaß mir', sagte Frau Gieseking und strahlte ihn an, 'aber Vater ist ja genauso verliebt in Josi wie du und ich. Wahrhaftig, Leo, du bist ein Glückskind! Und so nahe bei uns werdet ihr wohnen? Ach, Männe, Männe, eine größere Freude konntest du mir nicht machen!'

* * *

Der alte Kostewitz saß mit seiner Nachtisch-Zigarre im Schatten der alten Blutbuche und war gerade dabei, einzunicken, da sah er drüben am Zaun zwei Radfahrer vorbeikommen. Er erkannte seinen künftigen Bereiter und blinzelte ein wenig, während er nach der Lücke im Gebüsch blickte, die gleich die Aussicht freigeben würde. Ja, ein Mädchen war dabei, vermutlich das Fräulein Braut. Heut früh waren die Möbel gekommen, wahrscheinlich wollten die beiden jetzt einräumen. Lange würde das nicht dauern, bei den paar Stücken ...

Der Baron ließ sich Zeit, obwohl er jetzt ganz munter war und eigentlich große Lust hatte, gleich einmal hinüberzugehen und sich das kleine Fräulein anzusehen. Na, aber verliebte junge Leute, die ihr ›Nestchen‹ bauen — er krauste die Nase und schüttelte sich, als habe er Essig getrunken —, die ließ man wohl am besten zunächst allein. Er entzündete seine Zigarre neu, ärgerte sich, daß sie nicht gleich wieder in Gang kam, und legte sie weg. Daß ihn die junge Frauensperson bei ihrem ersten Auftreten hier schon um die Mittagsruhe gebracht hatte, gefiel ihm gar nicht und verhieß sicher nichts Gutes für die Zukunft. Pferdepfleger sollten eigentlich ledig sein, sie kümmerten sich dann besser um die Tiere. Eine Frau lenkt immer ab ... 'Opa ist sauer', verkündete der jüngste Kostewitz, der eben mit Pfeil und Bogen durch das Gebüsch des großväterlichen Gartens kroch und den Sippenältesten, statt friedlich schlummernd, mißgelaunt und kopfschüttelnd lesend vorfand. Schnell robbte er rückwärts und verlegte seinen Kriegspfad in eine ungefährlichere Gegend. Wenn Opa sauer war, begegnete man ihm besser nicht.

Eine Stunde später stakte der alte Herr, den Stock in der Hand, die hellen, durchdringenden Augen in die Ferne gerichtet, hinaus zu den Stallungen, die etwas abseits des Hofes lagen. Eine richtige alte Landstraße führte hin, unbeleckt vom Autoverkehr, holprig und ausgefahren, mit knorrigen Apfelbäumen rechts und links. Hinter dem breiten, niedrigen Stallgebäude begannen sofort die Koppeln.

Vor der Tür der Kutscherwohnung stand noch der Möbelwagen. Er sollte wohl erst am andern Tag abgeholt werden. Kostewitz warf einen Blick auf die Fenster der beiden Räume, die nach vorn hinaus, nach Süden, lagen; es hingen noch keine Vorhänge daran. Dann ging er in den Stall.

Es war Futterzeit. Otto, der bisherige Pfleger, der seines Alters wegen aufhören wollte zu arbeiten, gab gerade den Hafer aus, peinlich genau wie stets. Er hatte ihn noch nicht gesehen. Gerade trat er an eine der holzverschalten Boxen heran und fragte etwas. ›Wahrscheinlich sieht Gieseking sich den Betrieb gleich an‹, dachte Kostewitz und trat neben seinen alten Burschen.

In der Boxe stand Josi. Sie hatte sich eine Stallschürze gegriffen, die ihr viel zu groß war, grün mit lederharten Bändern. Gerade hielt sie einen Eimer Wasser mit beiden Händen vor sich. Daraus trank die Stute, die in diese Box gehörte, langsam, hingegeben und dankbar, wie Pferde trinken, und Josi sah ihr dabei zu.



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