Jona träumt vom Reiten by Lise Gast

Jona träumt vom Reiten by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-14T00:00:00+00:00


Das Hotel lag in einem weiten Tal und diente im Winter als Internatsschule; durch die weiten Entfernungen im Land war es nötig, die Kinder ins Internat zu geben, sobald sie etwas größer waren. Die Gebäude waren modern, mit flachem Dach, Einzel-, Zweier- und Dreierzimmer darin mit fließendem Wasser, warm und kalt. Warmes Wasser kostete nichts, keine fünfzig Meter vom Hotel entfernt befand sich auch ein Schwimmbad.

„Wir gehen gleich vor Tisch noch schwimmen, ja? Aber ich hab’ ja keine Hose!“ jammerte Sebastian. Jona erinnerte sich schlagartig, daß sie ja doch außer ihrem ganzteiligen Badeanzug noch einen Bikini eingepackt hatte, und brachte ihm das Unterteil, ein türkisfarbenes Höschen aus Frottee. Er schlug es ihr nicht, wie sie insgeheim gefürchtet hatte, wütend um die Ohren, sondern war begeistert.

„Kommste? Und drüben am See ist eine Sauna, eine echte. Dort mündet das heiße Wasser in den See, und darüber ist ein Holzhäuschen auf Pfählen gebaut. Da können wir uns krebsrot kochen lassen!“ Er rannte und zog sie mit sich, daß sie beinahe hinfiel.

„Aber ...“

„Was denn: aber? Nichts: aber!“

„Ich meine – also ich geh’ im Badeanzug in die Sauna“, prustete Jona. „Du auch? Die anderen können ja machen, was sie wollen. Ich geh’ erst schwimmen und dann hinüber, und wenn ich rot bin wie ein gesottener Krebs, spring ich in den See.“

„Schön, ich auch.“ Sebastian war sofort einverstanden. „Weißte, unter uns gesagt, wenn ich mir die Güte nackt vorstelle oder Rotkäppchen – nee, darauf kann ich verzichten. ‚Man muß nicht von allem haben‘, sagt mein Vater immer, wenn es saure Nieren gibt, die er nicht ausstehen kann. Komm!“

Sie liefen. Es war herrlich, ins warme Schwimmbad zu springen und darin herumzuplanschen und dann durch die kalte Luft zu rennen. Wie kalt es trotz der sommerlichen Jahreszeit war, merkte man sonst gar nicht. Und hinein in die kleine Holzbude! Dort waren rechts und links Bänke angebracht, der Fußboden bestand aus Latten, die, in Abständen gelegt, die Hitze durchdringen ließen. Jona und Sebastian setzten sich einander gegenüber und lachten sich an, während sie fühlten, wie warm es heraufhauchte, zogen die Beine an, fingen an zu schwitzen und genossen das alles wie ein Abenteuer. Als es kaum mehr auszuhalten war vor Hitze, stießen sie die Tür auf und sprangen hinaus in die kalte Luft, um sich in den See zu werfen. Aber o weh, der war hier flach wie eine Pfütze, und sein Untergrund bestand aus Steinen, auf denen man nur mit lautem Gejammer laufen konnte. Sie taten es, liefen hinein, immer weiter, das Wasser ging ihnen nur bis an die Waden, keine Möglichkeit des Hineinhechtens, wonach der Körper verlangte. Schließlich legte sich Jona flach hin, drehte sich vom Bauch auf den Rücken und vom Rücken auf den Bauch und strampelte dabei mit den Beinen.

„Ach ja. So hatte ich mir das allerdings nicht gedacht“, sagte sie, als sie, nebeneinander über die Steine stolpernd, zurückgingen, in der kalten Luft schaudernd und mit den Zähnen klappernd, „da ist eine Sauna zu Hause angenehmer!“

„Dafür genießt du hier unverfälschte Natur“, grinste Sebastian und griff nach seinem Handtuch wie nach einem Rettungsring.



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