Isolation by Dan Wells

Isolation by Dan Wells

Autor:Dan Wells [Wells, Dan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492963497
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2013-08-12T22:00:00+00:00


Paragen BioSynth Aufzucht- und Ausbildungszentrum, unbekannter Ort

15. Februar 2059

Heron sagte das Gedicht noch einmal auf. Es war die erste von Du Fus Herbstmeditationen: »Jadetau lässt die Ahornbäume in den Wäldern welken. Auf dem Wu-Berg, in der Wu-Schlucht steht grau und kalt die Luft.« General Wu mochte klassische Gedichte, und besonders gern hörte er seinen eigenen Namen. Vielleicht ergab sich einmal eine Situation, in der es nützlich war, das Gedicht zu kennen.

Während sie die Zeilen noch einmal laut aufsagte, um Aussprache und Vortrag einzuüben, arbeitete ein anderer Teil ihres Gehirns die Lektionen durch, die sie in Geschichte und Etikette gelernt hatte. Wieder ein anderer Teil des Gehirns mühte sich mit dem neuesten taktischen Problem ab, das Latimer ihr bei der Kampfausbildung vorgelegt hatte. Am nächsten Morgen sollte sie das Trainingsgelände betreten, während zwei Gruppen der Partial-Infanterie eine Kampfsimulation durchführten. Ihre Aufgabe bestand darin, die Schlachtpläne beider Teams zu stören und auf beiden Seiten einen Totalverlust zu verursachen. Die zwei Parteien wussten nicht, dass sie eingreifen würde, und wenn sie die volle Punktzahl erreichen wollte, durfte niemand sie bemerken. Das war die schwierigste Aufgabe, die sie bisher bekommen hatte, und der Ausbilder ging anscheinend davon aus, dass sie es nicht schaffte. Sie stellte das Wasser ab und blieb noch einen Augenblick lang im Dampf stehen, um gleichzeitig den Angriff, ihre Hausaufgaben und das Gedicht zu verarbeiten. Das war einfach – immerhin war sie schon fast fünf Monate alt. Es wurde Zeit, sich größeren Herausforderungen zu stellen.

Die Tür des Umkleideraums öffnete sich – ein Stück den Flur entlang und hinter zwei Ecken, aber da das Wasser abgedreht war, hörte sie es deutlich. Schritte und Atmung verrieten ihr, dass der Neuankömmling männlichen Geschlechts war, und da sie keine Linkdaten empfing, musste es ein Mensch sein. Latimer vielleicht? Bisher war er noch nie in die Dusche gekommen. Sie nahm das Handtuch und wickelte sich ein.

Latimer erschien am Eingang des Duschraums und blieb stehen. Heron salutierte. Auf dem gekachelten glatten Boden rutschte sie ein wenig.

»Weitermachen.« Er winkte lässig ab. Seine Stimme klang weich und entspannt, viel lockerer, als sie es je bei ihm gehört hatte. Er schlenderte herein, eine Hand in die Hosentasche geschoben, in der anderen hielt er eine schmale braune Flasche. »Sie haben sich beim heutigen Training gut geschlagen.« Es war spät, und sie waren die einzigen Personen im ganzen Umkleidebereich. Langsam kam er auf sie zu. »Sie haben jeden Hindernisparcours gemeistert, den wir haben, sogar den zerstörten, den wir eigentlich geschlossen hatten, weil er zu gefährlich ist. Mit der Pistole schießen Sie besser als der menschliche Weltrekordhalter, und mit dem Gewehr gehören Sie zu den Besten, die ich je gesehen habe. Sie haben unseren neuen Chinesischlehrer überzeugt, dass Chinesisch Ihre Muttersprache ist, und Sie haben Ihren neuen Mathelehrer glauben gemacht, Sie seien eine Physikprofessorin, die zufällig im selben Raum auf einen anderen Studenten wartet. Sie können laufen, schießen und sich mit geschickten Lügen aus jeder Klemme befreien, in die wir Sie manövrieren. Ich muss sagen, ich bin beeindruckt.« Er stand jetzt, kaum eine Armlänge entfernt, unmittelbar vor ihr.



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