In einem anderen Buch by Jasper Fforde

In einem anderen Buch by Jasper Fforde

Autor:Jasper Fforde [Fforde, Jasper]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2011-01-31T23:00:00+00:00


Miss Havishams Augenbrauen zuckten leicht, als sie die eigenartige Lackierung meines Porsche bemerkte.

»Er war schon so, als ich ihn gekauft habe«, erklärte ich leicht verlegen.

»Ich verstehe«, sagte Miss Havisham. »Gib mir die Zündschlüssel.«

»Ich glaube nicht, dass –«

»Gib mir die Schlüssel, Mädel! Wie lautet die Erste Regel?«

»Ich tue genau, was Sie sagen.«

»Nun, zumindest hast du ein gutes Gedächtnis«, sagte sie mit einem dünnen Lächeln.

Zögernd gab ich ihr den Zündschlüssel. Miss Havishams Augen begannen zu leuchten. Schwungvoll setzte sie sich hinters Lenkrad. »Ist es der Sechszylinder?« fragte sie aufgeregt.

»Nein«, sagte ich. »Der Standard-Motor. 1,6 Liter.«

»Na schön!« knurrte Miss Havisham und trat den Gashebel zweimal durch, ehe sie den Zündschlüssel umdrehte. »Besser als gar nichts.«

Mit lautem Donnern sprang der Motor an. Miss Havisham zog die Drehzahl bis in den roten Bereich hoch, legte den Gang ein und ließ die Kupplung abrupt kommen. Wir schossen die Straße hinunter und ließen eine schwarze Wolke von verbranntem Gummi zurück. Der Wagen schleuderte von einer Seite zur anderen, während die Räder verzweifelt nach Halt suchten.

Ich habe selten Angst in meinem Leben gehabt. Der Angriff auf die massierte Artillerie der kaiserlichen russischen Armee auf der Krim, der Kampf mit Acheron Hades und andere Polizeieinsätze waren nicht ungefährlich gewesen und hatten mir viel abverlangt. Aber nichts davon bewirkte eine solche Todesangst, wie ich sie als Beifahrerin von Miss Havisham in meinem eigenen Porsche erlebte. Wir müssen wohl gegen jede Verkehrsvorschrift verstoßen haben, die es je gab. Haarscharf rasten wir an Fußgängern, anderen Fahrzeugen, Verkehrsschildern und Laternenmasten vorbei. Wir überfuhren drei rote Ampeln, ehe Miss Havisham doch stoppen musste, um einem Sattelschlepper die Vorfahrt zu lassen. Sie lächelte zufrieden, und obwohl ihr Fahrstil erratisch und selbstmörderisch war, schien sie die Instinkte und das Glück eines idiot savant zu besitzen. Jedesmal, wenn ich dachte, wir müssten unweigerlich an einen Pfosten oder eine Hausmauer rasen, tippte sie auf die Bremse, schaltete herunter oder lenkte zur Seite – und verpasste das Hindernis jeweils um Haaresbreite.

»Der Vergaser ist ein wenig unausgeglichen!« bellte sie, als wir an einer Gruppe erschrocken kreischender Fußgänger vorbeijagten. »Lass mich mal nachsehen, ja?« Sie zog die Handbremse an, wir schlidderten über einen abgesenkten Bürgersteig und stoppten einen halben Meter neben den Tischen eines Straßencafés, während ein halbes Dutzend Nonnen in einem Hauseingang Zuflucht suchten. Miss Havisham kletterte aus dem Wagen und klappte die Motorhaube auf.

»Bring ihn mal bisschen auf Touren, Mädel!« rief sie mir zu. Ich tat, was sie von mir verlangte. Gleichzeitig versuchte ich die Stimmung der Leute im Café, die uns wütend und misstrauisch ansahen, mit einem zaghaften Lächeln ein wenig zu bessern.

»Sie kommt nicht viel raus«, erklärte ich ihnen, als Miss Havisham die Motorhaube wieder schloss und sich auf den Fahrersitz fallen ließ. Aber es half nichts. Wieder jagte sie den Motor hoch und ließ die Gäste des Cafés in einer blauen Abgaswolke zurück.

»Viel besser!« triumphierte Miss Havisham. »Kannst du es hören? Viel besser!«

Alles, was ich hörte, war das Jaulen einer Polizeisirene. Ein Streifenwagen war hinter uns her.

»Oh, verdammt!« murmelte ich. Miss Havisham versetzte mir einen schmerzhaften Schlag auf den Arm.



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