Im Zeichen des Mondfests (German Edition) by Laban Barbara

Im Zeichen des Mondfests (German Edition) by Laban Barbara

Autor:Laban, Barbara [Laban, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen
veröffentlicht: 2012-09-24T22:00:00+00:00


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TOCHTER

In ihrem Traum war Sienna zu Hause in England. Sie lag in ihrem Bett und hörte Mama und Papa streiten.

Beim Frühstück saßen sie sich schweigend gegenüber. Sienna bemühte sich, die Feindseligkeit ihrer Eltern zu ignorieren. Rufus hatte es sich auf dem Stuhl neben ihr bequem gemacht und beschwerte sich darüber, dass es nur Toast gab. Rufus war so groß wie sie. Er saß aufrecht am Tisch und versuchte sie mit Grimassen aufzuheitern.

Dann war sie im Klassenzimmer. Alle starrten sie an. Mrs Kay, die Mathelehrerin, musste ihr wohl eine Frage gestellt haben. »Sienna, ich weiß nicht, mit wem du dich so angeregt unterhältst. Der Platz neben dir ist leer. Ich würde es sehr begrüßen, wenn du jetzt antworten könntest.«

Rufus raunte ihr die Lösung zu.

»Entschuldigung, Mrs Kay. Ich denke, x ist fünf«, antwortete Sienna.

Mrs Kay runzelte die Stirn. »Das stimmt. Aber hör jetzt mit den Selbstgesprächen auf.«

Die Mädchen hinter ihr kicherten. Blöde Ziegen. Wenn sie wüssten, dass Rufus ihr meistens half – außer in Biologie, das langweilte ihn –, hätten sie sich auch einen unsichtbaren Freund gewünscht.

Plötzlich kam Mama durch die Tür, das Klassenzimmer war verschwunden. Mamas Gesicht war schmutzig. Sie trug eine kurze blaue Bluse, ihre Arme waren übersät mit Mückenstichen. Sie ging auf Sienna zu. »Ich vermisse dich so, meine Kleine, bitte verzeih mir.«

Sienna wollte aufspringen, zu ihrer Mutter laufen, aber plötzlich wuchs eine Dornenhecke aus dem Boden.

»Mama«, schrie sie. »Ich werde dich finden.«

Bevor die Hecke ihr die Sicht versperrte, sah Sienna etwas Weißes auf der Schulter ihrer Mutter. Es war Minka.

Ein eigenartiger Geruch weckte sie. Auf dem Küchentisch dampfte eine Kanne mit heißem Tee, daneben lag Mantou-Brot. Rufus schnarchte in ihrem Arm. Sienna schob den Hund vorsichtig auf das Kissen und stand auf.

Zou hatte bereits am Morgen gute Laune. »Köstlicher Drachenkopftee und warmes Mantou. Es sei denn, du willst lieber Reissuppe mit Trockenfleisch.«

Sienna sah Zou skeptisch an. Drachenkopftee?

»Das ist nur der Name«, erklärte Zou, der ihre Gedanken erraten hatte.

»Kein Trockenfleisch, bitte«, sagte Sienna, die sofort an Ling denken musste.

»Dein Chinesisch wird immer besser. Das liegt bestimmt an Bai tuzi.«

»Wie macht er das?«, fragte Sienna erstaunt. »Kann er allen Leuten Chinesisch beibringen?«

Zou lachte. »Nein, das nun wirklich nicht. Als ich klein war, hatten die Leute oft Mühe, mich zu verstehen. Meine Eltern waren Fischer, wir wohnten in einem winzigen Dorf, weit abgelegen von der nächsten größeren Stadt. Die meisten Leute dort waren nie in die Schule gegangen – einfache Menschen, die jeden Tag hart für ihr Essen arbeiteten.«

Zum ersten Mal sah Sienna so etwas wie Sorgenfalten in Zous Gesicht.

»Ich hatte Glück«, fuhr er fort. »Das Lernen fiel mir leicht. Meine Eltern ließen mich die Schule besuchen. Ich lernte wie verrückt. Weißt du, wie oft man jedes Schriftzeichen schreiben muss, bevor man es wirklich beherrscht?«

Sienna nickte, sie dachte an den Sprachunterricht mit Ling.

»Bald verstanden meine eigenen Eltern mich nicht mehr. Ich redete wie ein Professor, dabei war ich nur ein kleiner Junge. Damals kam Bai tuzi und half mir. Den Menschen, die mich verstehen wollten, kletterte er auf die Schulter und übersetzte.



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