Ich, Prinzessin Elisabeth von England by Carolyn Meyer

Ich, Prinzessin Elisabeth von England by Carolyn Meyer

Autor:Carolyn Meyer
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-01-01T23:00:00+00:00


Meine Hoffnung, dass die geplante Vermählung meine Schwester von meiner Person ablenken würde, erwies sich leider als falsch.

Als Erstes ereilte mich ihre Nachricht, dass ich in Zukunft ohne ihre Erlaubnis keine Besucher mehr empfangen dürfe. Wieder einmal bekam die arme Kat das ganze Ausmaß meines Zorns zu spüren. »Wie kann sie es wagen!«, schäumte ich. »Sie behandelt mich wie eine Verbrecherin!« Darauf konnte Kat nur das antworten, was ganz offensichtlich war: »Sie kann es wagen, weil sie die Königin ist.«

Wenig später ließ Maria mir katholische Lehrbücher überbringen. Wütend schleuderte ich sie an die Wand, hob sie jedoch rasch wieder auf, weil mir – mit einiger Verspätung – klar wurde, dass Spione großzügig belohnt wurden, wenn sie solche Einzelheiten an den Hof meldeten. Ich ermahnte mich, mein Temperament in Schach zu halten und meine Zunge zu hüten, egal auf welch harte Proben meine Schwester mich auch noch stellen würde.

Eines Tages, als ein kalter Wind den kommenden Winter erahnen ließ, rief die Königin mich erneut zu sich. Ich hatte Angst vor dieser Unterredung; vielleicht hatte sie von meinem Wutanfall gehört und wollte mich bestrafen. Ich machte einen Kniefall, trat einen Schritt näher, machte erneut einen Kniefall, einen Schritt näher, einen dritten Kniefall…

»Liebe Schwester!«, sagte Königin Maria mit schneidender Stimme.

»Euer Majestät?«, entgegnete ich untertänig. »Du gehst doch auch weiterhin täglich zur Heiligen Messe, nicht wahr?«

»Gewiss, Euer Majestät. Sogar zweimal täglich. Ich nehme an, dass Euch darüber Bericht erstattet wurde.« Dessen war ich mir sogar ganz sicher. Mindestens die Hälfte meiner Bediensteten und vermutlich auch einige meiner Hofdamen und Höflinge waren Spione, die Maria nur allzu bereitwillig alles zutrugen, was sie hörten und sahen oder vielleicht nur glaubten, gehört oder gesehen zu haben.

»Wir wissen sehr wohl, dass du körperlich bei den Messen anwesend bist. Doch was ist mit deinem Geist? Deinem Herzen, Elisabeth? Und wie sieht es in deiner Seele aus?« Sie lächelte säuerlich. »In diesem Punkt haben wir unsere Zweifel.«

»Aber, Euer Majestät, ich bin höchst aufrichtig in meinem Glauben«, protestierte ich.

»Bist du wirklich fest im katholischen Glauben verankert?«, fragte sie mit einem drohenden Unterton und beugte sich zu mir.

Mir war voll und ganz bewusst, dass ich im Moment das bisschen Freiheit riskierte, das ich noch besaß, und möglicherweise sogar mein Leben. Deshalb unterdrückte ich meinen spontanen Impuls zu sagen: Kein Mensch kann gezwungen werden zu glauben, was er nicht glaubt! Heuchlerisch schwor ich meiner Schwester, dass ich fest im katholischen Glauben verankert sei und den Gottesdienst aus freien Stücken und mit aufrichtiger Überzeugung besuche. Um die Aufrichtigkeit meiner Aussage zu unterstreichen, schlug ich mir beide Hände an die Brust, als ich nun vor ihr kniete. Dabei waren es nichts als Lügen, die aus meinem Munde kamen.

»In deinen Worten schwingt keine Wahrheit mit«, entgegnete Maria kühl, während sie mich abschätzig musterte. Unvermittelt lehnte sie sich wieder zurück. »Du erinnerst mich viel zu sehr an deine Mutter. Du wirst ihr von Tag zu Tag ähnlicher – einer Frau, die so viel Unruhe und Ärger im Königreich verursacht hat.«

Bei dieser Beleidigung meiner Mutter schlug meine Abneigung gegen Maria unversehens in nackten Hass um.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.