Ich haette dich geliebt by Anne Haferburg

Ich haette dich geliebt by Anne Haferburg

Autor:Anne Haferburg [Haferburg, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783939832317
Herausgeber: KUUUK Verlag mit 3 U
veröffentlicht: 2011-06-14T22:00:00+00:00


Frau Damter lief in einem schwarzen Hosenanzug auf mich zu.

„Den hat er sich ausgesucht. Holzklasse, hat er gesagt, reicht ja wohl für mich. Die Teuren überlasse ich anderen.“

Ich musste kurz überlegen, wovon die Damter sprach, bis ich sah, was sie meinte. Den schlichten Sarg, der in seinem hellen unbehandelten Holz aussah, als hätte man ihn bei IKEA bestellt und in aller Eile zusammengebaut.

„Ich habe alles mit dem Pastor besprochen. Er hält eine kurze Predigt. Ohne Tamtam. Louis war ja nicht religiös. Einen Leichenschmaus wird es auch nicht geben. All das wollte er nicht. Verstehen Sie?“

Ich nickte. Mir war kalt in der Kirche mit dem dünnen Kleid. Unpassenderweise piepte mein Handy.

-- Ich denk an Dich. Brauchst Du einen Seelentröster? Call me, Luise.--

Frau Damter zeigte mir ihr unverwüstliches Lächeln und ging zu den Blumenkränzen. Jemand tippte an meine Schulter. Es war Karl Molter.

„Junge Frau, mein Beileid. Schade, dass du ihn nicht kennengelernt hast. So ein feiner Kerl, der Louis.“

Als ich den kleinen faltigen Mann in seinem viel zu großen Anzug und mit Tränen in den Augen vor mir stehen sah, war mir auch zum Heulen.

„Eigentlich muss ich Ihnen mein Beileid aussprechen. Sie waren ja fast Brüder.“

Ich hatte vergessen, dass wir uns duzen.

„Ach was, ja schon, aber du bist seine Tochter. Ob du willst oder nicht. Er hat einen Teil von sich verschenkt. An dich.“

Karl Molter kullerte eine Träne über seine verschrumpelte Wange. Er versuchte sie erst gar nicht wegzuwischen.

„Haben Sie ... hast du Kinder?“

„Ja, meine Liebe, die habe ich. Nur wollen die nichts von ihrem alten Herrn wissen. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Hab gesoffen wie ein Loch. Sie hassen mich.“

Ich berührte ihn am Arm. Er sah so verloren aus ... und unglücklich, als er das sagte.

„Jeder hat seine Fehler.“

Mehr als diese Plattitüde fiel mir nicht ein.

„Nun ja, Kinder sind wie kleine Elefanten. Sie vergessen nicht so schnell. Ich hab mich nicht gekümmert. So sieht's aus. Und jetzt bin ich ein alter Sack und kann daran nichts mehr ändern. Das sind doch schon Erwachsene. Zu spät.“

Karls Augen füllten sich wieder mit Tränen. Auch wenn es ungerecht war, konnte ich in diesem Moment nicht verstehen, wie man diesem kleinen alten Mann nicht alles wieder verzeihen konnte.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Heidi Körber gekommen war. Am Eingang der Kirche bekreuzigte sie sich. Sie sah aus wie ein Filmstar. Schwarzes Kostüm und Netzstrümpfe. High Heels. Das Beste aber war der Hut im Stil der Zwanziger Jahre. Er war keck auf dem blonden Haar befestigt und ließ ein kleines Netz vor dem Gesicht hängen. Den Mund hatte sie sich knallrot angemalt. Als sie mich erblickte, lief sie mit gesenktem Kopf auf mich zu. Dann nahm sie meine Rechte in ihre behandschuhten Hände.

„Clara, ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen. Er hat versucht, ein gutes Leben zu führen. Es ist ein schwerer Tag für uns alle.“

Für Karl hatte sie nur ein abfälliges Nicken übrig. Doch als sie sah, dass er geweint hatte, fasste sie ihn kurz an die Schulter und drückte leicht zu.

Nach und nach füllte sich die Kirche zur Hälfte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.