Hitler by Reuth Ralf Georg
Autor:Reuth, Ralf Georg [Reuth, Ralf Georg]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492967129
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
8. Kapitel (1933 – 1936)
Friedensrhetorik und Kriegsvorbereitung
Was das Ausland vom deutschen Kanzler und »Führer« Hitler seit seiner Machtübernahme im Januar 1933 gehört hatte, waren immer wieder feierliche Beteuerungen, nach den Erfahrungen des Weltkriegs in Europa nichts sehnlicher als den Frieden zu wünschen. Schon in seiner berühmten Friedensrede vom 17. Mai 1933 hatte er verkündet, daß die »Anwendung irgendeiner Gewalt in Europa« weder politisch noch wirtschaftlich »eine günstigere Situation hervorrufen könnte, als sie heute besteht«. Der Ausbruch eines Krieges – um dessen Schrecken, wie er beteuerte, er als ehemaliger Frontsoldat wüßte – würde zwangsläufig zum Zusammenbruch der bestehenden Gesellschafts- und Staatenordnung führen [1] . All das war nur Täuschung, bloße Rhetorik, wie er später, am 10. November 1938, im Verlaufe einer Geheimrede vor führenden Funktionären aus dem Propagandaapparat freimütig einräumen sollte. Die Umstände – so sagte er an jenem Tag im »Führerbau« am Münchner Königsplatz – hätten ihn in den zurückliegenden Jahren dazu gezwungen, »fast nur vom Frieden zu reden. Nur unter der fortgesetzten Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsicht war es mir möglich, dem deutschen Volk Stück für Stück die Freiheit zu erringen und ihm die Rüstung zu geben, die immer wieder für den nächsten Schritt als Voraussetzung notwendig war […]« [2]
Tatsächlich diente Hitlers Außenpolitik primär nicht der Revision von Versailles, sondern von Anfang an der Niederwerfung der Sowjetunion als einem ersten, entscheidenden Schritt für seinen als unausweichlich angesehenen Kampf gegen das Judentum. Schon bei seiner Begegnung als Reichskanzler mit den Spitzen der Wehrmacht am 3. Februar 1933 hatte er vom »Lebensraum im Osten« gesprochen. Im März, als die jüdischen Organisationen des Westens zum Wirtschaftsboykott gegen das Reich aufriefen, sah er darin eine erste internationale Reaktion des »Rassenfeinds«. Ihn, gestützt auf die gewaltigen Land- und Rohstoffressourcen des Ostens, in einem großen Weltenkampf niederzuwerfen und die globale Herrschaft des arischen Menschen zu errichten sollte einer späteren Generation vorbehalten sein. Die Maßlosigkeit der von ihm anvisierten Zielsetzung sprengte selbst die Vorstellungskraft vieler seiner Paladine, wenn er sie mitunter – freilich recht vage – andeutete. Im Jahr 1930 hatte er vor Studenten und Professoren der Universität Erlangen gemäß seiner sozialdarwinistischen Sicht der Dinge erklärt: »Jedes Wesen strebt nach Expansion, und jedes Volk strebt nach der Weltherrschaft. Nur wer dieses letzte Ziel im Auge behält, gerät auf den richtigen Weg.« [3]
Als unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme seines Kampfes sah er – wie er es schon in seinem Zweiten Buch geschrieben hatte – den Ausgleich mit Großbritannien auf der Grundlage von gegeneinander abgegrenzten maritimen und kontinentalen Interessensphären an. Da ein noch im Geiste der auswärtigen Politik der Weimarer Republik im Mai/Juni 1933 zustande gekommener »Vertrag der Verständigung und Zusammenarbeit« zwischen Deutschland, England, Frankreich und Italien diesen Ausgleich nicht gewährleistete, sollte er nie ratifiziert werden. Was die Flottenpolitik anbelangte, legte sich Hitler strengste Zurückhaltung auf. Weil Deutschland mit England, Italien und Japan niemals Krieg führen wolle, sei die deutsche Flotte nur im Rahmen ihrer Aufgaben innerhalb der europäischen Kontinentalpolitik auszubauen, äußerte er im Frühjahr 1933 gegenüber dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Admiral Erich Raeder. Und auch anderen
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