Herren by Warwick Collins

Herren by Warwick Collins

Autor:Warwick Collins
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Dtv
veröffentlicht: 2011-11-25T23:00:00+00:00


Beim Mittagessen fragte Ez: »Wo ist eigentlich Stevie?«

»Mit Freunden unterwegs«, antwortete Martha.

»Wer weiß, mit wem der Junge sich wieder rumtreibt.«

»Also wirklich«, sagte Martha. »Seine Freunde wird er sich ja wohl noch selbst aussuchen dürfen.« Sie lächelte und aß weiter. »Was macht die Arbeit? Zufrieden?«

»Geht so. Mr. Reynolds und Jason wollen den Sumpf trockenlegen.«

»Den Sumpf trockenlegen?«

»Die Reptilien verscheuchen.«

»Was denn für Reptilien?«

»Die Perversen.«

Martha aß wortlos weiter.

»Und du hilfst ihnen dabei?«

Ez stocherte eine Weile gedankenverloren in seinem Essen.

»Die beiden…« Ez schüttelte den Kopf. »Die brauchen keine Hilfe. Immer nur Unfug im Kopf.« Er kicherte in sich hinein. »Dieser Jason.«

Als sie sich abends im Schlafzimmer auszogen, streifte Martha ihr Nachthemd über und schlang Ez von hinten die Arme um die Brust.

»Danke, daß du soviel Verständnis für Stevie aufbringst.« Ez lächelte, obwohl ihn zwiespältige Gedanken quälten. Er drehte sich um und nahm Martha in die Arme. Sie sah ihn verliebt an und kicherte über seine jähe, ungeahnte Leidenschaft. »Was is’n heute mit dir los?« Engumschlungen fielen sie ins Bett. Hinterher stieß Martha einen tiefen, zufriedenen Seufzer aus. Ez lächelte sie glücklich an.

Sie stieg von ihm herunter und legte sich neben ihn, so daß ihr Gesicht an seiner Wange ruhte und sie sein Profil betrachten konnte. »Woran denkst du?« fragte Martha. Ez ließ den Blick durchs Zimmer schweifen, vom Kleiderschrank, den er gezimmert hatte, zur Mahagonikommode, die sie aus Marthas Elternhaus in Mandeville hatten kommen lassen. Ihr Vater war als leitender Angestellter bei einem Rechtsanwalt tätig gewesen. Manchmal fragte sich Ez, ob er ihrer überhaupt würdig war. »An die Arbeit.«

Martha legte die Hand an seine Wange und streichelte sie. »Wieso?« fragte sie.

»Weißt du, was mich an den Reptilien am meisten schockiert?«

Sie zögerte. »Nein. Was?«

»Nicht, was sie machen.«

»Sondern?«

Er suchte nach Worten. »Wie.«

»Wie meinst ‘n das?«

»Es gibt kein Vorher«, sagte Ez, »kein Geflirte und kein Garnix, sondern es geht schnurstracks zur Sache. Von jetzt auf gleich. Und kein Nachher. Kaum sind sie fertig, sind sie auch schon weg, wie aus der Pistole geschossen. Sprechen kein einziges Wort. Und sehen sich wahrscheinlich nie wieder.«

»Das schockiert dich?« Ez blickte in die Dunkelheit.

»Und wie ist das mit Männern und Prostituierten?« fragte Martha. »Rein, raus. Und tschüs! Schockiert dich das etwa auch?«

Er wollte ihr widersprechen, ihr sagen, daß Männer zuweilen durchaus um Prostituierte warben – wenn auch auf sonderbare und oberflächliche Art und Weise. Er wollte ihr sagen, daß Männer aus den verschiedensten Gründen zu einer Prostituierten gingen, sei es um sich auszusprechen, sei es weil sie einfach nur in den Arm genommen werden wollten. Vor allem aber wollte er ihr sagen, daß sie sich die Herrentoilette gar nicht vorstellen konnte, die wollüstige Atmosphäre, den seltsamen Geruch nach Exkrementen und unerbittlichem Metall. »Willst du mir keine Antwort geben?« fragte Martha. Statt dessen sagte er: »Du hast mal wieder recht.« Es erstaunte ihn, als wie tröstlich er dieses Eingeständnis empfand, wie den Kniefall vor einem Gott. Endlich konnte er ruhig und zufrieden schlafen.



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