Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) by Corvus Robert

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) by Corvus Robert

Autor:Corvus, Robert [Corvus, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492963121
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2014-01-19T23:00:00+00:00


Die Tropfsteinhöhle war der älteste Teil der Kathedrale von Karat-Dor. Hier, so sagte man, hatten Stämme von Primitiven schon die Schatten verehrt, bevor das erste Haus jener Stadt errichtet worden war, die in diesen Tagen vom Wehklagen erfüllt war. Der Winter sandte als letzten Gruß Eisstürme aus dem Norden, und Xenetors Heer hatte aus den ohnehin schon beinahe geleerten Speichern requiriert, was der Schattenherzog für den weiteren Marsch nach Westen als notwendig erachtete. Niemand war so wahnsinnig, ihm dies zu verwehren. Auch dann nicht, wenn die eigenen Kinder bereits so mager waren, dass man ihre Rippen zählen konnte.

Bren schob den Gedanken beiseite. Um solche Dinge hatte er sich gekümmert, als er noch ein General gewesen war, und vor allem ein Mensch. Derlei Probleme waren unter der Würde eines Schattenherrn. Die Osadroi herrschten, und wenn ihre Untertanen Härten zu erdulden hatten, so wurde erwartet, dass sie ihre Fürsten nicht mit dem Gejammer darüber belästigten. Zudem war Karat-Dor eine Kapitale des Kults. Die Kleriker würden schon dafür sorgen, dass es immer genügend Gläubige gäbe. Zeiten wie diese eigneten sich, die Folgsamen zu belohnen und sich der Widerspenstigen zu entledigen.

Bren folgte dem Schein von Attegos Laterne. Während sich Jittara um den hohen Besuch gekümmert hatte, war es dem Dunkelrufer gelungen, die Aufsicht über die gefangenen Fayé zu erhalten. Bren hatte aus ihnen herausgeholt, was möglich gewesen war, aber sie hatten schnell begriffen, dass ihre Unsterblichkeit bald enden würde, ganz gleich, wie kooperativ sie sich zeigten. Lisanne bestand darauf, dass sie jeden Einzelnen für das Ritual brauchte, das in dieser Nacht begänne, und hatte Bren untersagt, Versprechungen zu machen, die dem entgegenstanden. Eine der kleinen Spitzen, die sie gegen ihn richten konnte, ohne den Befehl des SCHATTENKÖNIGS zu missachten. GERG hatte, wie Xenetor gleich dreimal erläutert hatte, ausdrücklich den Wunsch geäußert, dass Lisanne und Bren gemeinsam die Südfront zum Sieg führen sollten. Bren fragte sich, was Widaja wohl zu geben bereit gewesen wäre, hätte er ihr angeboten, ihre Konkurrentin ins Messer laufen zu lassen. Aber das war eine müßige Überlegung. Er war ein Krieger. Wenn er in einen Krieg geschickt wurde, tat er alles, um diesen zu gewinnen.

Hier herunter kam selten jemand. Der Boden war so weit eingeebnet, dass man nicht strauchelte, aber jeder Schmuck fehlte. Da es normalerweise keine Beleuchtung gab, standen hier auch keine Kunstwerke, die besonderen Schattenfall erzeugten. Gerade deswegen faszinierten Bren die dunklen Zacken, die die Steinzähne durch die Höhle warfen. An ihre Wände hatten die Altvorderen mit Kohle und roter Eisenfarbe ihre Bilder gemalt. Sie zeigten Tiere, deren Geister sie beschworen haben mochten, aber auch Abdrücke von Händen oder Gesichtern und, unleugbar, Schatten. Oft waren sie dunkle Wolken, die sich über an Pfähle gefesselte Gestalten legten.

Heute waren die Riten des Kults ausgefeilter.

Die Seelenbrecher stellten Kerzen auf, deren Licht die Fayé beschien, die mit Ketten an den Fels gebunden waren. Bren machte sich nicht die Mühe, sie zu zählen. Da Lisanne sie alle beansprucht hatte, würden es einhundertsiebzehn sein. Der einzige Fayé, der in Karat-Dor die Sonne aufgehen sähe, wäre derjenige, den Bren bei Guardaja selbst gefangen genommen hatte.



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