Grosse Schwester Schimmel by Lise Gast

Grosse Schwester Schimmel by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-06-05T00:00:00+00:00


XI

Kreuz durch, Schultern zurück! Zum Kuckuck!“ schnauzte Breckweg. Er stand mitten auf der Koppel und drehte sich, während Schimmel sich mühte, die Helga auf dem Zirkel zu reiten. Aus dem Zirkel wurde meist eine Ellipse, manchmal auch ein Viereck.

Holdershausen lag im Nebel still und verträumt da, und das war gut. Da gab es wenigstens keine Zuschauer. Schimmel schwitzte wie an einem Augustnachmittag. Reiten sah wahrhaftig leichter aus, als es war. „Sie tut’s nicht“, knirschte sie und versuchte, tiefer in den Sattel zu kommen. Bei Breckweg ging die Helga nämlich im Zirkel und zwar immer und ganz mühelos, wie es schien.

„Sie tut’s, das liegt nur am Reiter“, kam es dann auch sofort zurück. „Donnerwetter, die Zügel sind doch nicht zum Festhalten da! Wie ein Kartoffelsack schaukeln Sie da oben. Sie weiß ja nicht, was sie soll, die Helga. – So, na also. Und nun einen ordentlichen Zirkel. Antraben!“

Schimmel atmete heimlich auf und hob sich bei jedem zweiten Trabschritt im Bügel. „Deutscher Trab! Bitte sehr. Habe ich was von leichtem Trab gesagt? Fest sitzen! Wenn Sie jetzt ein Geldstück unterm Hosenboden liegen hätten, wäre es längst ins Gras gefallen. Sie wollen doch was lernen! Oder?“ fragte er schroff, wenn sie einmal muckste. Und da war sie schnell wieder still.

Heute war sie das besonders. Sie hatte eigentlich keine Zeit zum Reiten. Die Kleinen hatten gequält, sie sollte ihnen Sankt-Martins-Laternen machen. Aber als Breckweg dann kam, hatte sie nicht widerstehen können. Wenigstens eine halbe Stunde, dachte sie, während sie so schnell wie möglich in die Reithosen stieg. Sie hatte ein Paar alte Breeches von Uli dazu verwendet. Erst war sie in Trainingshose und Turnschuhen geritten; aber dann hatte sie der Großmutter ein Paar alte Reitstiefel von Onkel Johannes ausgespannt, die Schimmel mit einem Paar dicken Socken ganz gut paßten. Seitdem hatte sie eigentlich erst einen richtigen Begriff vom Reiten bekommen, man saß so in Stiefeln ganz anders.

Natürlich nahm ihr das Reiten viel Zeit; es war gar nicht die halbe oder ganze Stunde, die so sehr fehlte, als vielmehr der zerrissene Tag, den man dann irgendwie wieder zusammenflicken mußte. Wenn Brita da war, ging es, aber die mußte jetzt nachmittags in den Konfirmandenunterricht oder hatte Handarbeitsstunde, und das war natürlich ungünstig.

„Ich glaube, ich muß heim“, sagte Schimmel denn auch, als sie den Zirkel und dann sogar einige Achten ganz nett geritten hatte, „die Kleinen sind daheim allein!“

„Und Sie haben die Nase voll? Schade, ich dachte, wir könnten heute, da es so gut ging ...“ er blinzelte ihr zu.

„Ging es wirklich?“ fragte sie, vor Freude errötend. Er lachte.

„Ja, viel besser. Ich muß nur immer etwas schimpfen, das tun alle Reitlehrer. Aber ich dachte, wir reiten heute mal ein Stück, es ist so schön verhangen, windstill, mild, ich liebe solches Wetter. Wie wär’s, ich hole mir die Mucki und wir reiten einmal den Rundweg?“

Natürlich brachte es Schimmel nicht fertig, nein zu sagen! Allein schon zu Pferd zu sitzen, auf der Koppel zu reiten, war Glück und Entzückung; aber ein Ritt durch den Wald!

Es dauerte ein Weilchen, bis er gesattelt hatte.



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