Gevatter Tod by Terry Pratchett

Gevatter Tod by Terry Pratchett

Autor:Terry Pratchett [Pratchett, Terry]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Fantasy, Scheibenwelt
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2010-11-16T23:00:00+00:00


Fackeln brannten in Sto Lat, und Dutzende von Soldaten waren damit beauftragt, sie in regelmäßigen Abständen zu erneuern. Helles Licht tanzte durch die Straßen, und der flackernde Schein verdrängte alle jene Schatten, die sich seit Jahrhunderten nach dem Sonnenuntergang versammelten, um zu entscheiden, was sie unternehmen sollten. Er erhellte entlegene Ecken, wo die Augen verwunderter Ratten in muffigen Schlupfwinkeln glühten. Er zwang Diebe und Einbrecher, zu Hause zu bleiben. Er schimmerte durch den nächtlichen Dunst, formte einen seltsamen Nimbus, der sogar das Funkeln der Mittlichter überstrahlte. Vor allen Dingen aber fiel er auf das Gesicht der Prinzessin Keli.

Ihre Bildnisse waren praktisch allgegenwärtig, klebten an jeder freien Fläche. Binky trabte durch die hellen Straßen, vorbei an einer Keli, die von Türen, Wänden und Giebeln herabblickte. Mort starrte auf Hunderte von Plakaten, die seine Geliebte zeigten: an Mauern und Masten, an Fenstern und gläsernen Vitrinen, an Türen und schmalen Zugängen, an Karren und hölzernen Verschlagen. Es roch nach Kleister.

Seltsamerweise schienen die Bürger der Stadt kaum etwas davon zu bemerken. Sto Lats Nachtleben war zwar nicht annähernd so bewegt und voller Zwischenfälle wie das in Ankh-Morpork – ebensowenig kann es ein gewöhnlicher Papierkorb mit der städtischen Müllabfuhr aufnehmen –, aber es herrschte trotzdem rege Betriebsamkeit. Höker priesen Gebrauchtgegenstände aus vierter Hand an. Spieler zeigten ihre Kunststücke mit Karten und Würfeln. Messer- und Scherenschärfer hantierten mit ihren Wetzsteinen. Gewisse Damen boten gewisse Dienste an und geizten nicht mit gewissen Reizen. Taschendiebe versuchten, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ohne im Kerker zu enden. Hier und dort wanderten sogar einige ehrliche Händler umher, die sich durch einen bedauerlichen Zufall nach Sto Lat verirrt hatten und ihre Waren zu Schleuderpreisen verkauften, weil sie darauf brannten, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Mort ritt durch die Straßen und hörte ein halbes Dutzend verschiedene Sprachen. Nur am Rande nahm er zur Kenntnis, daß er sie alle verstand.

Schließlich stieg er ab, führte sein Roß durch die Mauergasse und hielt nach Schneidguts Domizil Ausschau. Er fand es nur durch Zufall: Eins der Plakate fluchte leise und undeutlich.

Vorsichtig streckte er die Hand aus und zog einen Papierstreifen beiseite.

»Vielen Dank«, sagte der Türklopfer. »Ef ift doch nicht fu faffen! Im einen Augenblick ift daf Leben ganf normal, und im nächften hat man den Mund voller Kleifter.«

»Wo ist Schneidgut?«

»Im Palaft.« Der Türklopfer starrte ihn an und zwinkerte mit einem gußeisernen Auge. »Einige Männer kamen und brachten alle feine Fachen fort. Und kurf darauf begannen andere damit, überall Bilder feiner Freundin anzukleben.« Das fratzenhafte Metallgesicht schnitt eine Grimasse – es fiel ihm nicht besonders schwer. »Verdammte Miftkerle.«

Dunkle Flecken bildeten sich auf Morts Wangen.

»Bilder seiner Freundin?« wiederholte er finster.

Der Türklopfer konnte sein dämonisches Wesen nicht leugnen und kicherte spöttisch, als er den Tonfall des Jungen vernahm. Es klang so, als strichen Fingernägel über grobes Sandpapier.

»Ja«, bestätigte er. »Fie fienen ef fiemlich eilig fu haben, wenn du mich fragft.«

Mort saß bereits wieder im Sattel.

»He!« rief ihm der Türklopfer nach. »Hab Mitleid mit mir. Fei fo nett und befrei mich von dem Plakat, Junge!«

Mort zog die Zügel so hart an, daß sich das Pferd aufbäumte und laut schnaubte.



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