Georgette Heyer by Junggesellentage
Autor:Junggesellentage [Junggesellentage]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
10
Tiffany begrüßte Sir Waldo nicht mit hysterischem Geschrei, aber er fand sie in Tränen und außer sich vor Zorn. Er sah, daß die Aufgabe schwieriger war als er vermutet hatte. Sie war wie ein Kind, das unter einer übermächtigen Erregung leidet, so unglücklich und tief gekränkt, daß sie bei der geringsten Ermunterung an seine Brust geflogen wäre, um ihren Kummer auszuweinen. Mit großem Geschick gelang es ihm, das zu verhindern, ohne ihr Gefühl, schlecht behandelt zu werden, zu verstärken. Aber bald sah er ein, daß jeder Versuch, sie zur Vernunft zu bringen, nutzlos, ja gefährlich wäre. Die Geschichte, die sie ihm auftischte, hatte wenig Ähnlichkeit mit dem nüchternen Bericht, den er eben von Miss Trent erhalten hatte. Tiffany wich nie wissentlich von der Wahrheit ab, da sie aber alles nur in Relation zu sich selbst betrachtete, wurde auch die Wahrheit manchmal verzerrt. Jeder, der den Sachverhalt nicht kannte, hätte folgenden Eindruck gewinnen müssen: zuerst schleifte Patience in unglaublichem Egoismus ihre Freunde durch die ganze Stadt, um ihre Einkäufe zu machen. Dann warf sie – in einer Weise, die, wäre sie nicht so unschön gewesen, belustigt hätte – ihre Netze nach Lindeth aus. Und schließlich inszenierte sie, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ein lächerliches Spektakel, indem sie auf die Straße sprang, um eine großartige, ganz unnütze Rettung durchzuführen. Tiffany war überzeugt, daß der Schlingel nie in Gefahr war, aber Patience konnte so die Heldin spielen und Lindeth sowie Mr. Baldock täuschen, einen niedrigen und gemeinen Kerl mit den widerlichsten Manieren, die Tiffany jemals untergekommen waren.
Und so ging es fort und fort, bis sie sich zu der ungerechten Behauptung versteigerte, daß alle kaltblütig und ohne den Anstand, sie um Erlaubnis zu fragen, sich ihren Wagen aneigneten (selbst wenn er ihrer Tante gehörte, so war er doch ihr und nicht Patience geliehen), um einen schmutzigen, diebischen Jungen zu befördern, der besser dem Konstabler übergeben worden wäre. Das war die Krönung aller ihr zugefügten Beleidigungen, die Tiffany mit zornsprühenden Augen erzählte. Sie leugnete nicht, in Wut geraten zu sein; alles hätte sie ohne eine einzige Klage ertragen – aber das war zuviel!
Der Unvergleichliche benützte die Atempause, ihr beizustimmen, daß ein solches Benehmen die Grenzen überschreite. Er zeigte sich überrascht, daß Miss Trent und Lindeth so allen Sinn für Schicklichkeiten verloren hatten, Tiffany zuzumuten, daß sie zu Fuß zum King's Arms zurückkehren solle, während sie sorglos mit einem schmutzigen, diebischen Jungen in Tiffanys Wagen durch die Stadt fuhren. Er sagte, es geschehe ihnen ganz recht, wenn sie zum King's Arms zurückkehren und sehen müßten, daß das Vöglein ausgeflogen war.
«Ja», stimmte Tiffany schluchzend zu. «Aber wenn ich dem Kutscher John sagen würde, er solle vorfahren, würde er es bestimmt nicht tun, weil er ein widerlicher alter Kerl ist, der mich behandelt, als ob ich ein Kind wäre.»
«Ich bringe Sie nach Hause», sagte der Unvergleichliche mit seinem strahlenden Lächeln.
Sie sah ihn an. «Sie? In Ihrem Phaeton? Jetzt?» Er nickte. Sie sprang auf und rief in Ekstase: «Ja! Das wäre mir das liebste! Und wir hinterlassen auch keine Nachricht.
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