Geisterfahrt by Doris Bezler

Geisterfahrt by Doris Bezler

Autor:Doris Bezler [Bezler, Doris]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendroman
Herausgeber: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-09-10T22:00:00+00:00


Am Samstagvormittag hatte Lisa sich in die Menschenströme auf der Frankfurter Zeil eingereiht und ließ sich durch die Einkaufsmeile treiben. Auch wenn sie nicht mehr viel Bares besaß, wollte sie sich durch eine Shopping-Tour von ihren düsteren Gedanken ablenken. Lustlos durchkämmte sie Ständer mit billigen T-Shirts. Sarahs Bemerkungen schossen ihr plötzlich durch den Kopf. Wenn sie jetzt eines dieser Kleidungsstücke kaufte, war sie dann mitschuldig daran, dass die Näherinnen in Bangladesch so katastrophale Arbeitsverhältnisse hatten? Und wenn sie es sein ließ, trug sie dann Mitschuld daran, dass sie ihre Arbeit verloren? Wie man es machte, war es doch verkehrt, oder? So war es auch im Fall von Nadines Verschwinden. Warum kümmerte sie sich eigentlich weiter darum? Warum ließ sie nicht alles auf sich beruhen? Irgendwie würde sich das schon auflösen.

Eine Nachricht von Sarah traf ein. Ob sie Lust habe, sich mit ihr in Offenbach zu treffen. Kaffee trinken gehen, ein bisschen schwätzen. Das war allemal besser, als hier alleine mit düsteren Gedanken durch die Läden zu ziehen. Manchmal war ein Ort voller Menschen der einsamste Platz auf der ganzen Welt.

Kurze Zeit später stand Lisa in der B-Ebene der S-Bahnstation an der Konstabler Wache, um nach Offenbach zu fahren. Sie studierte kurz die Hinweisschilder. Eines stach ihr förmlich in die Augen. S3, Richtung Bad Soden. Etwas trieb sie zu diesem Bahnsteig. Als sie im Zug saß, tippte sie eine Nachricht an Sarah: Komme doch nicht. Ist was dazwischengekommen. Sorry! Andermal.

Lisa hatte sich an einen Fensterplatz gedrückt und starrte nach draußen. Hell erleuchtete Bahnsteige flogen vorüber, dazwischen dunkle Tunnelabschnitte. Die Menschen auf den Sitzplätzen um sie herum wechselten. Leere Gesichter, die manchmal auf das Display ihres Handys fixiert waren oder versuchten, sich hinter einer Zeitung zu verschanzen. Nach dem Hauptbahnhof wurde es hell. Die Bahn fuhr jetzt oberirdisch weiter. Häuser standen dicht an den Gleisen, man konnte den Leuten in die Zimmer gucken. Lisa gab sich ihren Gedanken hin.

Wer wohnte hier im Takt der ratternden Züge? Gefiel es denen hier oder konnten sie sich nichts anderes leisten? Was würde aus ihr einmal werden? Wo würde sie später wohnen und arbeiten? Sie hatte nicht die geringste Vorstellung. Nach dem Abi würde sie studieren. Warum? Weil man mit Abi eben etwas studiert. Was? Keine Ahnung. Wofür interessierte sie sich? Für viel und nichts. Shoppen gehen, Freunde treffen, im Internet chatten. Sollte sie einmal im Krankenhaus arbeiten wie ihre Mutter? Lisa rümpfte die Nase. Schon der widerliche Geruch stieß sie ab. Und dann so viel Elend angucken. Nein! Wollte sie wie ihr Vater stundenlang in einem langweiligen Ingenieurbüro sitzen und Pläne zeichnen? Auch nicht.

Sie schaute aus dem Fenster. Jetzt fuhr der Zug durch wogende Weizenfelder, die schon goldgelb waren. Fields of gold. Ein Mähdrescher fraß Schneisen hinein und staubte gewaltig. Auch ein Beruf. Wie langweilig! Den ganzen Tag die Felder auf und ab zu fahren. Jetzt kamen wieder Häuser. Eine kleine Ortschaft nach der anderen wurde angefahren. Die Taunusberge waren jetzt zu sehen. Der Altkönig, dachte sie und hatte Bergers Stimme im Kopf. Das ärgerte sie.



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