Fürchte deinen Bruder by Joachim Rangnick / Jörg Bauer

Autor:Joachim Rangnick / Jörg Bauer [Bauer, Joachim Rangnick / Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-02-11T16:00:00+00:00

Bitterer Lorbeer

Brandam kam es vor, als habe er mit Pandoras Büchse gespielt. Auf dem Rückflug nach Rom quälte ihn ein grässliches Gedankenkarussell, aus dem ihn auch nicht die vier großzügig eingeschenkten Whiskys halfen, die ihm die Stewardess mit genervter Miene servierte. Brüsk hatte er die kleinen Fläschchen abgelehnt, er säße schließlich nicht unter einer Brücke, sondern im Flieger einer der teuersten Airlines.

Vier Whiskys lagen weit unter seinem hart antrainierten Limit, auch zusammen mit den beiden davor, die er in einer der versteckt liegenden Bars der Abflughalle geschluckt hatte, konnten sie nicht den Wirbel in seinem Kopf beruhigen.

Seit die Fingerabdrücke samt Fotos zweifelsfrei die Identität des Killers geklärt hatten, wünschte sich Brandam ans Ende der Welt, möglichst auf eine abgelegene Farm. Dort würde er vom eigenen Gemüse leben, Gerste anbauen, Bier brauen und daraus einen feinen Whisky brennen. Vielleicht eine einfache Frau vom Land nehmen, ein paar Viecher züchten, die man auch essen konnte, und jeden Eindringling teeren und federn, der sich auf sein Land wagte. Der Siegeseuphorie, kurz nach dem Kidnapping des Killers in Paris, war der Sturz in ein tiefes, schwarzes Loch gefolgt, in dem der Teufel hauste. Und der Teufel besaß einen Namen: G. P. DeLorka.

Auch wenn er ihn nicht persönlich eingefangen hatte, den Stein hatte er angestoßen. Warum musste er seitdem öfter mal an eine Guillotine denken? Schien wohl an Paris zu liegen. Dass die Franzosen die Aktion mitbekommen hatten, wäre zu verschmerzen gewesen, aber G. P. DeLorka … ausgerechnet.

Brandam war zwar noch nie mit ihm zusammengetroffen, aber DeLorka galt als Mischung aus Salzsäure und einer Panzerfaust. Man erzählte sich, dass er das halbe Pentagon in seinem Rucksack mit sich herumtrug. Allein mit seiner Sicherheitsfirma saß er praktisch in allen Krisenherden und konnte binnen 24 Stunden Wachleute, so wurden seine Soldaten genannt, in Bataillonstärke in Marsch setzen. Seine Firma hatte er mit CIA-Geldern aufgebaut, das war ein offenes Geheimnis. Ausgerechnet mit DeLorka musste er zusammenstoßen. Hinter manchen Erfolgen versteckte sich ein Fluch. Dabei war die Frage zwar interessant, warum ausgerechnet DeLorka als Killer unterwegs war, aber völlig irrelevant, denn der wahre Grund würde ohnehin niemals ans Licht kommen. Wenn allerdings ein Mann wie DeLorka einen solchen Drecksjob machte, dann musste es wirklich um verdammt viel gehen.

Für Brandam war nun auch geklärt, dass es nicht um Glaubensfragen ging und auch nicht um diesen Hinrichsen. Selbst ein so großer Mann wie DeLorka schien nur ein Rädchen im Getriebe zu sein, sonst hätte ihn niemand zwingen können, solch eine Drecksarbeit zu erledigen. Also war folgerichtig anzunehmen, dass selbst DeLorka mit erheblichem Ärger rechnen musste, wenn der Grund seiner Aktionen und seine Auftraggeber publik würden. Diese Tatsache stimmte Brandam ein wenig positiv und versöhnte ihn mit seinem Schicksal.

Hatte er sich zu weit vorgewagt mit seinen Plänen? Wem war er auf die Füße getreten? Man müsste eine Falle konstruieren, um herauszufinden, wer DeLorka beauftragt hatte, sinnierte Brandam. Eine Falle! Wie stellte man einer Bande von Teufeln eine Falle? Vielleicht, wenn man Engel als Opfer anbot? Aber wo fand man Engel, im Vatikan? Er schmunzelte.

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