Frau Franz packt aus by Doris Lerche
Autor:Doris Lerche [Lerche, Doris]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-01T05:00:00+00:00
9. KAPITEL
„Anne, meine Kleine“, seufzt Frau Franz in den Telefonhörer, wie geht es dir? Kannst du wieder aufstehen?“
„Höchstens zum Waschbecken und zum Klo. Eine Woche muss ich noch liegen. Bei einer Gehirnerschütterung muss man vorsichtig sein, sagt der Arzt. Wenn ich zu früh aufstehe, hab ich womöglich mein Leben lang Kopfschmerzen.“
„Und was macht der Arm?“
„Die Zähne putze ich mir mit links, Thomas wäscht mir die Haare. Du solltest mich sehen, Mama, wie ungeschickt ich herumfuhrwerke mit diesem abgewinkelten Gips.“
„Aber sonst ist alles in Ordnung?“
Anne lacht: „Ich lese viel. Ich telefoniere. Ich kriege mein Essen serviert. Es ist wie Urlaub.“
„Und ich soll wirklich nicht kommen?“
„Ach, Mama! Thomas besucht mich so oft, dass er mir schon auf den Keks geht. Außerdem werde ich bald entlassen.“
„In der Küche könnte ich dir zur Hand gehen.“
„Die Schwiegermama hilft uns. Sie ist zwar ein Drachen, und Thomas kuscht vor ihr, dass ich es kaum ertrage. Aber wie sie den Haushalt schmeißt, das ist genial, sagt Thomas. Da könnten wir, du und ich, noch was lernen.“
„Was soll ich dir mitbringen, Anne-Kind? Ich möchte dir einen Fächer kaufen. Aber ich weiß nicht, welche Farbe. Nicht dass er wieder bei dir rumliegt.“
„Mama, du sollst mir nichts kaufen.“
„Welche Farbe, Anne-Kind?“
„Schwarz, wenn es sein muss.“
„Aber Anne! Schwarz? Du bist doch noch jung. Ich habe an was Fröhliches gedacht, mit Blumen und goldener Spitzenverzierung.“
„Untersteh dich, Mama!“
„Und was ist mit den Einbrechern? Gibt es eine Chance, sie zu fassen und zu bestrafen?“
„Bei so einem kleinen Delikt engagiert sich die Polizei nicht.“
„Hör mal, man hat dich niedergeschlagen. Das ist kein kleines Delikt. Beim Stürzen hast du dir den Arm gebrochen. Es hätte dein Hals sein können.“
„Das sagt Wolfgang auch.“
„Und dann haben die Kerle dich einfach liegenlassen. Wenn die Nachbarin nicht dein Auto und die offene Haustür gesehen hätte …“
„... dann wäre ich irgendwann aufgewacht, ans Telefon gerobbt und hätte den Arzt und die Polizei gerufen.
„Wenn die Polizei nichts tut, dann müssen wir was tun.“
„Ach, Mama, das ist doch Zeitvergeudung!“
„Vielleicht kommen sie ja wieder und richten noch größeren Schaden an. Sie sind ja mitten in der Arbeit von dir gestört worden.“
„Mama, die haben auf einen Blick gemerkt, dass bei dir nichts zu holen ist. Ein Radiowecker. Dafür dieser Aufwand! Die suchen sich lukrativere Opfer. Außerdem hat Wolfgang für morgen einen Fachmann bestellt, der überall zusätzliche Sicherheitsschlösser einbaut.“
„Hat man denn gar keine Anhaltspunkte, wo man die Täter finden kann?“
„Es gibt mehrere Tätergruppen, sagt die Polizei. Einmal die Junkies. Die brechen hektisch ein, wo's am einfachsten ist. Lassen die merkwürdigsten Dinge mitgehen. Grünen Tee. Bestickte Täschchen. Schälchen mit Pfennigen, erzählt die Polizei. Dann die Kinderbanden, die meist aus östlichen Ländern kommen und für ihre Familien einbrechen gehen. Als Minderjährige werden sie nicht verurteilt. Dann gibt's die Gelegenheitstäter, die reinkommen, wenn irgendwo Fenster offen stehen und man es ihnen zu einfach macht. Und schließlich gibt es die knallharten Profis. Die arbeiten aber in den Villengegenden oder plündern in Teppichläden und Schmuckgeschäften. Dein Häuschen ist ihnen zu läppisch, sagt die Polizei.“
„Und du würdest die Täter nicht wiedererkennen?“
„Ich kann mich leider an gar nichts mehr erinnern, wegen der Gehirnerschütterung.
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