Fisch im Trockner by Pike Colin

Fisch im Trockner by Pike Colin

Autor:Pike, Colin [Pike, Colin]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik & Literatur
Herausgeber: Flabbergast Verlag
veröffentlicht: 2013-10-18T22:00:00+00:00


Kapitel 12

Ziehen im Bauch und sonstige Komprimierungsversuche

Am Abend unseres vierten Tages auf See liefen wir im Hafen von Boston ein. Morgens waren wir auf letzter Strecke tatsächlich noch in einen kleinen Sturm geraten und es wurde etwas rau. Ich war froh, als ich endlich beim Zoll die Erlaubnis zur Einreise in das Land bekommen hatte und auf festem, amerikanischem Boden stand.

Von der Crew hatte ich mich herzlich verabschiedet. Sie begann gleich darauf, die Ladung zu löschen – so heißt das wohl, wenn man ein Schiff leer macht. Von allen hatte ich die Adressen eingesammelt und wir versprachen uns, Kontakt zu halten. Besonders bei Pietro nahm ich mir das fest vor. Er hatte mir zum Abschied noch eine Schachtel Kippen zugesteckt und mich kräftig an seine Brust herangezogen. Die Zigaretten würde ich wohl nicht rauchen, trotz der Herzlichkeit seiner Geste.

Mit viel Geduld fand ich bald einen Bus, der mich näher ins Stadtzentrum bringen sollte. Für die Nacht wollte ich mir irgendwo ein nettes Hotel gönnen und mich erst einmal ausruhen. Nach vier Tagen auf See wäre auch ein richtiges Bad keine schlechte Idee – ich stank wie ein Pirat.

Der Bus hielt irgendwann an einer Tankstelle und ich beschloss, diese als Ausgangspunkt meiner Suche zu nutzen. Der Mann in der Tankstelle war ein riesiger, schlaksiger Kerl, mit kahl rasiertem Kopf und einer Uniform aus Bundfaltenhose und weißem Hemd, die großzügig an seinem Körper herabhing. Von einem Hotel in der Nähe wusste er nichts, aber er riet mir, mich auf dem benachbarten Polizeirevier zu erkundigen. Die Jungs dort kannten die Stadt wie ihre Westentasche oder ihre Handfläche – auf jeden Fall sehr gut.

Mir kam es ein wenig suspekt vor, in eine Boston Police Station zu laufen und nach dem Weg zu fragen. Sicher hatten die dort mit der Aufklärung irgendwelcher Bombenattentate oder Diebstählen in der Nachbarschaft genug zu tun. Warum sollten sie einem Touristen aus Deutschland dann noch Auskunft zu Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe geben? Ich nahm meinen Schokoriegel, den ich aus Höflichkeit gekauft hatte, von der Theke und trat wieder raus auf die Straße. Vielleicht sollte ich der Sache ja eine Chance geben, schließlich hatte ich ja nichts zu verlieren. Sie würden mich sicher nicht gleich einsperren oder ähnliches. Und auch wenn mir kurz die Anfangssequenz aus Rambo I in den Sinn kam, hielt ich es für besser, es dort zu versuchen, statt weiter durch die Stadt zu irren.

Wer schon einmal eine amerikanische Polizeifernsehserie gesehen hat, kann sich sehr gut ein Bild machen, wie es auf dieser Polizeiwache aussah – genau so. Der große Raum war in viele kleine Sektionen eingeteilt, die mit Balustraden aus gedrehten Balustern eingezäunt waren und in denen jeweils ein Schreibtisch und zwei Stühle standen. Überall wuselten kräftige und stämmige Polizisten und Polizistinnen umher. Ganz hinten saß sogar ein farbiger Möchtegern-Gangster, mit Handschellen an den Stuhl gefesselt. Nun, mit den Handschellen war ich nicht so sicher, dafür war er zu weit entfernt. Ich kam mir jedoch vor wie in einem amerikanischen Film – auch wenn der Gangster vielleicht nur der Teenager-Sohn des Polizisten ihm gegenüber war, den er besuchte.



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