Feuer der Freiheit by Wolfram Eilenberger

Autor:Wolfram Eilenberger [Eilenberger, Wolfram]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fach-/Sachbuch
Herausgeber: Klett-Cotta
veröffentlicht: 2020-09-18T22:00:00+00:00

Zündende Idee

Also zurück ans Drawing Board. Immerhin, der den Roman bestimmende Grundkonflikt lag Rand klar vor Augen. Am Beispiel des Falles und Aufstiegs von Howard Roar k sollte der Kampf zwischen Individualismus und Kollektivismus in einer menschlichen Seele [37] exemplarisch zur Darstellung kommen. Was eine Plotlösung im Jahre 1937/1938 noch einmal deutlich verkomplizierte, waren die weltpolitischen Entwicklungen. Es war nun schlicht nicht mehr möglich, das Thema allein auf seine psychologischen Aspekte hin zu begrenzen. Wollte Übermensch Roar k wirklich als einer für alle stehen können, musste der Kampf um seiner Schöpfung willen ein mehr als nur ästhetisch und privat motivierter sein.

Rand brütet weiter. Zu Recherchezwecken beginnt sie im Spätherbst 1937 als Sekretärin im Architekturbüro Ely Jacques Kah n Architects zu arbeiten, das insbesondere auf Wolkenkratzer spezialisiert ist. Allein Ely Kahn, dem Rand über Bekannte aus dem konservativen Milieu vorgestellt worden war, weiß dabei von ihrer wahren Mission. Im März 1938, es ist kurz vor Mittag, fragt Rand ihren Chef mehr nebenbei, welche Aufträge derzeit die größten Herausforderungen mit sich brächten, worauf Kahn ohne zu zögern antwortet: sozialer Wohnungsbau (public housing ). »Auf einmal machte es in meinem Kopf klick, denn ich dachte, hier wäre es, ein politisches Thema, das gleichzeitig eines der Architektur ist – und damit perfekt für meine Zwecke« [38] . Roar k im sozialen Wohnungsbau, das war es!

Noch in der Mittagspause fixiert Rand den Gesamtplot: Am Ende des Romans würde sich ihr Held als Angeklagter vor Gericht verantworten müssen, weil er eine nach seinen Plänen entworfene Mustersiedlung des sozialen Wohnungsbaus kurz vor deren Fertigstellung eigenhändig wieder in die Luft jagte. Und zwar, um damit gegen planerische Eingriffe am Projekt zu protestieren, die in der Endphase von einem öffentlichen Ausschuss erzwungen worden waren.

Cortlandt sollte ganz nach seinem Willen existieren – oder gar nicht! Er hatte es erdacht! Er hatte es entworfen – niemand sonst! Weshalb es auch an ihm und niemanden sonst war, über Sein oder Nichtsein der Siedlung zu entscheiden. Keine Form der Enteignung konnte geduldet werden, vor allem nicht, soweit es Eingriffe in die schöpferische Integrität des Werkes betraf. Hier stritt der geniale Egomane gegen die Komitees der »viel zu vielen«. Perfektionismus gegen die Logik des Kompromisses. Prime-mover gegen second-hander. Roar k against the people. Wessen Rechte gilt es unbedingt zu wahren? In wessen Namen? Und auf welche Weise?

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