Fado Alexandrino by Lobo Antunes António

Fado Alexandrino by Lobo Antunes António

Autor:Lobo Antunes, António
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-22T00:00:00+00:00


9

Odete begann ihre Ausbildung als Krankenschwester, und kurz darauf haben wir geheiratet, erklärte der Soldat. Es erübrigt sich fast zu sagen, daß das schöne Wetter nicht von langer Dauer war.

– Du liest nie ein Buch, liest nie eine Zeitung, hast überhaupt keine Interessen, bist ein vollkommener Idiot, wütete sie, während sie mit orangefarbenen Gummihandschuhen haßerfüllt das Geschirr abwusch. (Aus dem offenen Fenster sah man die Hühner zwischen den Kohlpflanzen im Garten hüpfen.) Ich muß total verrückt gewesen sein, dich zu heiraten.

– Odete heiraten? keuchte der Onkel hinter der Blume auf dem Schreibtisch mit den Augen eines toten Seebarsches. Konnte dir nicht was Besseres einfallen, Junge?

– Sie hat fast umgehend damit begonnen, mich zu erniedrigen, Herr Hauptmann, beklagte sich der Soldat. Mich zu erniedrigen, sich über mich lustig zu machen, mir zu zeigen, was für ein beschissener Typ ich war. Und wir mögen ja noch so beschissen sein, aber unseren Stolz haben wir doch auch, nicht wahr?

Hinter der bröckeligen Gartenmauer aus Brettern und Stein andere, ebenso enge, traurige Gärten, Dächer, Stücke von Wänden, prunkvolle Fernsehantennen, die vertikalen, ungeheuer hohen Bäume des Campo de Santana, die nachts vollkommen reglos dastanden, unscharfe Umrisse umliegender Gebäude: ich schloß das Fenster des Kabuffs, um mich ins Bett zu legen, und spürte die Unruhe im Hühnerstall, die Gazepfötchen einer Katze auf dem Wellblechdach und sah die Kohlpflanzen beinahe schwarz, beinahe blau im Dunkeln glänzen, die abgerundeten, übereinanderliegenden metallischen Rüschen, Leuchtreklamen, die in der Ferne pulsierten: Eines Tages werde ich in Odetes Zimmer ziehen, das zur Geheimnislosigkeit der Straße hinausgeht, schlafe inmitten der Bleistifte, der Hefte, der Gedichte und der Puppen und komme dann im Schlafanzug hierher und spähe das Gemüse aus, wie es unter der Erde wächst wie Bartstoppeln, spähe das riesige, heftige, taube Herz der Stadt aus, das den Fußboden hebt und senkt, die Intensität der Gerüche und Geräusche reguliert, die Entfernung der Gegenstände und das bedrückte, bange, knarrende Brett meiner Brust. Ich komme heimlich hierher, und die Kohlpflanzen blasen die Dunkelheit auf, werden größer, blühen, bedecken das Haus, brechen mit der tumultuösen Kraft ihrer Wurzeln den Straßenbelag auf, werfen mit den Stengeln Straßenlaternen, die kleinen Handkarren und Dreiradwagen der fliegenden Händler um, verschlingen die Bäume und die herrschaftlichen Häuser am Campo Grande, trocknen den Fluß aus, fallen mit ihren riesigen Schnecken und gallertartigen kilometerlangen Parasiten in die Fabriken am anderen Ufer ein, nehmen Möwen gefangen und verwandeln das Meer in eine mit verstorbenen Schiffen bedeckte, riesige Basaltfläche, in deren Kratern hin und wieder staubige, verschnupfte Monderuptionen brodeln.

– Wenn du wußtest, wie sie war, warum zum Teufel hast du sie dann geheiratet? fragte der Leutnant. Letztlich bist du hier der Masochist.

– Die Ehe ist einfach ein Riesenmist, machte sich Senhor Ilídio leise in der Hoffnung Luft, daß die Buchhalterin es nicht hörte, während er mit dreckigen Fingernägeln die Blume in der Vase zurechtrückte. (Was für eine Angst du vor ihr hast, dachte der Soldat, wie die Tussi dich an der kurzen Leine hält, mein Schwerenöter.) Willst du bei lebendigem Leibe verfaulen, hauchte ihm der Alte



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