Eugen Goltz 02 - Flammenteufel by Schneider Bernward

Eugen Goltz 02 - Flammenteufel by Schneider Bernward

Autor:Schneider, Bernward [Schneider, Bernward]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2017-06-27T16:00:00+00:00


Eine Zeit lang betrachtete ich stumm das Schriftstück in meiner Hand.

»Hat der Senatspräsident das Original erhalten?«, fragte ich Leni schließlich. »Wissen Sie etwas davon?«

»Keine Ahnung, aber ich nehme es an. Sonst wäre nicht nur der Durchschlag da gewesen.«

Weiter hinten hatte eine Musikkapelle zu spielen begonnen und untermalte mit ihren Klängen auf unaufdringliche Weise die Gespräche der Menschen im Lokal. Der Barmann, der Leni und mich bediente, trat nur gelegentlich näher, um nach unseren Gläsern zu sehen. Er war offensichtlich italienischer Abstammung und trug ein charmantes und gelassenes Lächeln zur Schau. Leni, die ihn mit dem Namen Sergio ansprach, schien ihn recht gut zu kennen.

»Besteht die Möglichkeit, dass die Post von Alice kontrolliert wurde und man den Brief abgefangen hat?«, fragte ich Leni.

»Alice war nicht dumm! Sie hat den Brief bestimmt nicht mit der Post geschickt, sondern ihn selbst in den Briefkasten des Gerichts geworfen.«

»Dazu hätte sie allerdings nach Leipzig fahren müssen.«

Leni hob in einer hilflosen Geste die Schultern. »Sie haben recht. Daran habe ich gar nicht gedacht. Aber haben Sie denn Anlass zu vermuten, dass der Gerichtspräsident den Brief nicht erhalten haben könnte?«

»Ich überlege gerade, wie er wohl auf ein solches Schreiben reagieren würde. Wahrscheinlich ist das nicht die einzige Zuschrift, die das Gericht aus der Bevölkerung erhält. Allem kann er nicht nachgehen. Mag auch sein, dass die Briefe gar nicht alle auf seinem Schreibtisch landen. Falls Bünger diesen Brief erhalten hat, hätte er jedenfalls allen Anlass, van der Lubbe gründlich untersuchen zu lassen, ob er tatsächlich unter hypnotischem Einfluss steht. Ob er es wirklich tut, ist eine andere Frage. Offenbar tut er es aber nicht; er lässt auch anderes unbeachtet, was van der Lubbe entlasten könnte. Den Eindruck muss man haben angesichts der Art und Weise, wie er diesen Prozess führt. Irgendwer muss verurteilt werden. Das schuldet er der nationalen Regierung. Und wenn schon Torgler und die Bulgaren Wackelkandidaten im Hinblick auf eine Verurteilung sind, kann er van der Lubbe nicht auch noch davonkommen lassen.«

»Den Brief kann er ja vielleicht ignorieren – aber wenn Alice persönlich vor dem Gericht ausgesagt hätte, ginge das doch sicher nicht?«

»Eine Aussage vor Gericht lässt sich natürlich schwieriger unterdrücken als ein Brief. Bei der Vernehmung des Grafen Helldorf, bei der ich zugegen war, wurde allerdings deutlich, dass das Gericht auch mündliche Aussagen nur zur Kenntnis nimmt, wenn es sie zur Kenntnis nehmen will.«

»Alice könnte, als sie ihren Mann verließ, gedroht haben, ihr Wissen preiszugeben, wenn sie nicht finanziell entschädigt werden würde.«

»Halten Sie es wirklich für möglich, dass Alice Resow ihren Ehemann erpresste?«

»Alice hatte mir gegenüber einmal dubiose Andeutungen gemacht, dass sie ihren Mann in der Hand hätte, wenn er nicht so tat, wie sie wollte. Aber jetzt stelle ich mir vor, dass sie ihm das von ihr verfasste Schreiben gezeigt und ihm gedroht haben könnte, es abzuschicken, wenn er ihr nicht eine bestimmte Summe Geld zukommen lässt.«

»Es muss ihr doch bewusst gewesen sein, dass eine solche Erpressung nicht ungefährlich ist.«

»In diesen SA-Kreisen ist reichlich Geld vorhanden. Warum nicht auch davon profitieren, wird sie sich gesagt haben.



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